# taz.de -- Dortmund gewinnt DFB-Pokal: Symphonie der Stümpereien | |
> Borussia Dortmund gewinnt gegen den FC Bayern den DFB-Pokal in einem | |
> denkwürdigen Finale mit 5:2. Das Spiel war vor allem von | |
> Unzulänglichkeiten geprägt. | |
Bild: Gruppenblid mit Bundespräsident: Dortmunds Kapitän Sebastian Kehl reckt… | |
BERLIN taz | „Sensationell!“ Viel mehr fiel dem Trainer des deutschen | |
Fußballmeisters und -pokalsiegers nicht ein nach dem erneuten Triumph | |
seiner „Jungs“ gegen den FC Bayern München. Als wäre das noch eine | |
Sensation, dass Dortmund gegen den Rekordmeister und -pokalsieger gewinnt! | |
Man hat sich daran gewöhnt. | |
Und doch gelingt es Jürgen Klopp immer wieder, diese Erfolge als | |
David-schlägt-Goliath-Geschichte zu erzählen. Wie es geschehen konnte, dass | |
sein Team die Münchner mit einem 5:2 in Endspiel um den DFB-Pokal nach | |
Hause geschickt hat, das war auch ihm ein Rätsel. „Ich weiß es nicht“, | |
sagte Jürgen Klopp, als er danach gefragt wurde. | |
Ratlos waren nach dem Spiel nicht nur die Bayern. Ratlos waren auch viele | |
Beobachter, die sich etwas ganz besonderes versprochen hatten von diesem | |
Spiel. Die gehofft hatten, in diesem Endspiel werde es zum Showdown zweier | |
Fußballphilosophien kommen. Die sich gefreut hatten auf das Duell des | |
Dortmunder Überfallfußballs mit den bayerischen Dominanzmodell. Denkste! | |
Was die Zuschauer zu sehen bekamen war das merkwürdigste Finale, das seit | |
langen im Olympiastadion stattgefunden hat. Am Ende setzte sich nicht die | |
Mannschaft durch, die besser Fußball gespielt, sondern diejenige, die in | |
einem wahren Fehlerfestival ein paar Fehler weniger gemacht hatte. Insofern | |
war der Sieg der Dortmunder hochverdient. | |
## So ein Spiel will keiner sehen | |
Doch das Duell der zwei besten deutschen Mannschaften war eine Symphonie | |
der Stümpereien. Ach, liebe Bayern, liebe Dortmunder, warum habt ihr dem | |
deutschen Fanvolk das nur angetan? Was sollte das? War das wirklich das | |
Beste, was der deutsche Vereinsfußball zu bieten hat? | |
Wenn ihr euch nicht mehr konzentrieren könnt eine Woche nach dem Ende der | |
Bundesligasaison, dann lasst es doch einfach! So ein Spiel will wirklich | |
keiner sehen, der nicht eingefleischter Borussenfan oder notorischer | |
Bayernhasser ist. | |
Zur miserablen Abwehr der Bayern fiel dem Münchner Trainer Jupp Heynckes | |
nach dem Spiel nicht allzu viel ein. Er war bedient: „Wenn man schon damit | |
anfängt, nach drei Minuten einen Gegentreffer hinzunehmen - aus | |
unerfindlichen Gründen!“ Ein origineller Satz über ein originelles Tor, das | |
Shinji Kagawa nur deshalb schießen konnte, weil Bayerns Jerôme Boateng | |
einen Rückpass von Luis Gustavo offensichtlich so schlecht fand, dass er | |
keine Lust hatte ihn anzunehmen. | |
Vielleicht war es ja das Champions-League-Finale am kommenden Samstag in | |
München, das den Bayernspielern nicht aus dem Kopf gehen wollte. Aber warum | |
waren dann die Defensivspieler der Münchner am schlechtesten, die für das | |
Endspiel gegen Chelsea gesperrt sind? Holger Badstuber, David Alaba und | |
Luis Gustavo spielten so, als gelte die Sperre schon für das deutsche | |
Pokalendspiel. Sie waren nicht präsent. | |
## Konter schlecht zu Ende gespielt | |
Aber warum waren die Dortmunder dann nicht dominanter, warum schlugen sie | |
nur dann zu, wenn ihnen die Bayern den Ball schön in den Lauf gespielt | |
haben? Der Dortmunder Balleroberungsfußball war kaum zu sehen. Viele Konter | |
waren schnell , aber einfach schlecht zu Ende gespielt. Es war grausam. | |
Die wahrlich nicht gut aufgelegten Bayern konnten in der ersten Halbzeit | |
spielen, wie sie wollten. Andauernd tauchte Mario Gomez allein vor dem | |
Dortmunder Torwart auf, weil mal Neven Subotic, mal Mats Hummels ein | |
Kunstpäuschen einlegten. Spitzenfußball sieht anders aus. | |
Dass Mario Gomez immer den Torhüter getroffen hat, wenn er den Ball ins Tor | |
schießen wollte, war nur eine Bayernstümperei mehr. Deren beinahe | |
schlimmste leistete sich Manuel Neuer, als er vor dem finalen 5:2 einen | |
gefangenen Ball wieder fallen ließ. Beim schlecht getretenen Elfmeter von | |
Mats Hummel zum 2:1 hatte er sich zuvor schon einmal blamiert. Elfertöter | |
müssten solche Elfer töten können. | |
## Abpfiff als Erlösung | |
Und als sich kurz vor dem ersehnten Abpfiff Bastian Schweinsteiger wie ein | |
primitiver Märchenprinz aus der bayerischen Provinz noch ein | |
Hey-fass-mich-nicht an-Scharmützel mit Dortmunds Kurvengewächs Kevin | |
Großkreutz lieferte, war das Maß des Grauens endgültig voll und der bald | |
erfolgte Abpfiff eine echte Erlösung. | |
Die Dortmunder feierten den Sieg und werden sicher längst vergessen haben, | |
in welch unwürdigem Endspiel er errungen wurde. Die Fans feierten mit und | |
zündeten reichlich bengalische Fackeln in der Kurve. | |
Ein letztes Servus an den Deutschen Fußballbund, der den Dialog mit der | |
Initiative „Pyrotechnik legalisieren“ in dieser Saison abgebrochen hat. | |
Wundern muss sich der Verband über das Fanfeuer zum Finale nicht. Er | |
liefert in diesem Bereich schon die ganze Saison über ein miserables Spiel | |
- ein noch schlechteres, als es das Finale um den DFB-Pokal war. | |
13 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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