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# taz.de -- Blockupy-Demonstrationen in Frankfurt: Fragmentierter Protest
> Wegen der vielen Verbote kamen weniger Demonstranten als erwartet, sie
> besetzten zahlreiche Plätze und Kreuzungen. Polizei und Blockupisten
> sprechen von einem Erfolg.
Bild: Auch der Stoffhase ist mit dabei: Eine von vielen Mini-Protestaktionen am…
FRANKFURT/MAIN taz | Festgenommen, eingekesselt oder versprengt in kleinen
Grüppchen – so verbrachten viele Blockupy-DemonstrantInnen in Frankfurt den
Freitag. Die Polizei hatte die meisten geplanten Aktionen mit massiver
Präsenz und Platzverboten in der Innenstadt seit den frühen Morgenstunden
vereitelt.
Eigentlich hatten sich die KapitalismusgegnerInnen im Morgengrauen in fünf
„Finger“ genannte Demonstrationszüge aufteilen und auf die Europäische
Zentralbank (EZB) am Willy-Brandt-Platz zumarschieren wollen. Doch schon am
Vorabend zeichnete sich ab: Es waren nicht genug Menschen nach Frankfurt
gekommen, um sich gegen die Polizei durchzusetzen. Das Finger-Konzept wurde
aufgegeben.
Gruppen von einigen hundert DemonstrantInnen, die sich am Morgen dennoch
aufmachten, kamen nicht weit: Die Polizei, die auch mehrere Wasserwerfer
aufgefahren hatte, kesselte sie ein und nahm rund 400 Personen fest.
Begründung: Sie hätten gegen das von der Stadt Frankfurt erlassene
allgemeine Versammlungsverbot verstoßen, so ein Polizeisprecher. Zudem
hatten die Gerichte alle spontanen Kundgebungen untersagt.
Im Laufe des Tages zogen rund 1.500 DemonstrantInnen immer wieder in
kleineren Zügen durch das Bahnhofsviertel, begleitet von einer Sambagruppe.
Wiederholt besetzten sie Straßenkreuzungen oder Plätze, zogen sich aber
zurück, sobald die Polizei begann, sie einkesseln. Bisweilen gelangten sie
dabei in Sichtweite der abgeschotteten EZB, deren Betrieb jedoch ungestört
blieb.
## Versammlung vor der Deutschen Bank
Im Stadtteil Sachsenhausen versammelten sich am frühen Nachmittag für die
Polizei überraschend etwa 200 Menschen vor einer Filiale der Deutschen
Bank, um deren Geschäfte mit Ackerland und Nahrungsmittelspekulationen
anzuprangern.
Bereits am Donnerstag war es einigen hundert DemonstrantInnen gelungen, am
Frankfurter Rathaus etwa 30 Zelte aufzubauen. Nach ein paar Stunden räumte
die Polizei den Platz unter Gewaltanwendung: Menschen wurden schreiend über
den Boden geschleift, Hände verdreht. Eine ältere Frau lag fast regungslos
da und wurde von Sanitätern behandelt.
Mit Polizeigriff abgeführt wurde auch Martin Kliehm, obwohl er sich als
parlamentarischer Beobachter ausweisen konnte. Der 44-Jährige sitzt für die
Piratenfraktion in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung. „Das ist
ein undemokratisches und total übertriebenes Verbot“, sagte er.
## 150 Festnahmen am Uni-Campus
Zuvor waren rund 150 Menschen, darunter viele AktivistInnen aus Italien, am
Uni-Campus Bockenheim festgenommen worden. Einer von ihnen, ein Marburger
namens Hanno, sagte: „Ich habe die Entdemokratisierung, gegen die wir
demonstrieren wollen, am eigenen Leibe erfahren.“ Die Polizei bewertet den
Einsatz bis Freitagnachmittag als „insgesamt friedlich“.
Der Ermittlungsausschuss der DemonstrantInnen beklagte, dass „pauschale
Platzverweise bis Sonntag“ verhängt worden seien, obwohl die Demo am
Samstag genehmigt ist. Auch die evangelische Kirche in Frankfurt
kritisierte das Vorgehen der Behörden: „Die Furcht vor Ausschreitungen darf
nicht zum Anlass genommen werden, die berechtigten Anliegen der Bewegung zu
diskreditieren.“ Als Beitrag zur „Deeskalation“ wurden die evangelischen
Kirchen in der Innenstadt für die Menschen geöffnet.
Die OrganisatorInnen sprachen trotz der geringen Beteiligung von
erfolgreichen Aktionstagen. Den Versuchen der Behörden, die Aktionen im
Keim zu ersticken, hätten die DemonstrantInnen eine „konsequent
demokratische Haltung und Mut entgegen gesetzt“, sagte Bündnissprecher
Werner Rätz. Dennoch habe die Polizeitaktik Folgen: Während vor einem Monat
noch etwa 40.000 Teilnehmerinnen für die Demo am Samstag erwartet wurden,
„rechnen wir eher mit bis zu 20.000 Menschen.“ Das „Abschreckungsszenario…
habe viele Menschen vom Protest abgehalten, glaubt Rätz.
18 May 2012
## AUTOREN
C. Jakob
T. Reuter
## TAGS
Schwerpunkt Occupy-Bewegung
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