# taz.de -- Führungsstreit in Linkspartei: Gysi mischt die Karten neu | |
> Die Linke streitet über eine neue Parteispitze. Dietmar Bartsch will | |
> Vorsitzender werden, Oskar Lafontaine auch. Jetzt springt Fraktionschef | |
> Gysi seinem Vize zur Seite. | |
Bild: Streitende Genossen: Gregor Gysi (Mitte) unterstützt die Kandidatur von … | |
BERLIN taz | Es ist nur ein unscheinbarer Satz. „Niemand kann jetzt Dietmar | |
Bartsch verübeln, seine Kandidatur aufrechtzuerhalten“, schreibt Gregor | |
Gysi, Fraktionschef der Linken, in einer Erklärung. So moderat klingen | |
eigentlich keine Kampfansagen oder Richtungswechsel. Aber dieser Satz | |
zeigt, dass die Karten im innerparteilichen Machtkampf in der Linkspartei | |
neu gemischt sind. Die Achse Gysi-Lafontaine ist zerbrochen. | |
Am Sonntagabend hatten sich die Kontrahenten Dietmar Bartsch und Oskar | |
Lafontaine, die beide Linken-Chef werden wollen, mit Gysi und dem | |
Noch-Parteivorsitzenden Klaus Ernst getroffen. Das Ergebnis war absehbar: | |
Es gab keins. | |
Lafontaine verlangt weiter, ohne Gegenkandidaten auf dem Parteitag Anfang | |
Juni in Göttingen zum Parteichef gewählt zu werden und dann freie Hand bei | |
der Besetzung des Apparates zu haben. | |
Vize-Fraktionschef Bartsch indes sieht keinen Grund, kampflos seine | |
Kandidatur zurückzuziehen. Neu ist, dass Gysi offen Lafontaines | |
Machtanspruch zurückweist. Die innere Parteiarchitektur ist verändert. | |
Gregor Gysi, der sich selbst als einzigen Zentristen in der Partei sieht, | |
hat bisher stets die Politik verfolgt, Oskar Lafontaine im Boot zu halten. | |
## Die neue Distanz hat ihre Vorgeschichte | |
Deswegen hatte er seinen Duzfreund Bartsch 2010 sogar öffentlich der | |
Illoyalität gegenüber Lafontaine beschuldigt. Dieser Spagat ist nun | |
gescheitert. Bislang galt für Gysi: Ohne Lafontaine hat die Partei im | |
Westen keine Chance. Jetzt scheint dieser Satz der Erkenntnis zu weichen, | |
dass Kapitulation auch für Lafontaine ein zu hoher Preis ist. | |
Die neue Distanz zum Ex-SPD-Chef hat einen Vorlauf. Sahra Wagenknecht | |
drängte kürzlich, unterstützt von Lafontaine, darauf, neben Gysi | |
gleichberechtigt die Fraktion zu leiten. Gysi, im Osten die Schlüsselfigur | |
der Partei, wehrte diese unfreundliche Übernahme ab. Zudem beginnt | |
Lafontaines Stern auch im Westen langsam zu sinken. | |
Katharina Schwabedissen, Landeschefin in Nordrhein-Westfalen und der | |
Parteilinken zugehörig, befürwortet einen Generationswechsel an der Spitze | |
und würde Lafontaine gerne als „politischen Berater“ sehen. Janine Wissler, | |
Fraktionsvorsitzende im hessischen Landtag, will zwar, dass Lafontaine | |
wieder Parteichef wird. | |
## Ostpragmatiker verwundert über Lafontaine-Unterstützer | |
Doch die Tonlage ist verhaltener als noch vor zwei Jahren. „Wir haben in | |
Schleswig-Holstein und NRW zwei Wahlen verloren. Das müssen wir | |
analysieren. Da kann unsere Antwort nicht nur sein: Oskar kommt zurück“, so | |
die Parteilinke zur taz. | |
Auf einer ersten Regionalkonferenz in Stuttgart haben sich allerdings | |
Vertreter aus dem Südwesten eindeutig für den Saarländer und gegen Bartsch | |
ausgesprochen. Bei den Ostpragmatikern ist man verwundert über die | |
Kompromisslosigkeit, mit der die Lafontaine-Unterstützer vorgehen. Man | |
hatte erwartet, dass ein Personaltableau mit Lafontaine an der Spitze und | |
einer Schlüsselrolle für Bartsch präsentiert würde. Doch das gibt es | |
bislang nicht. Viele in der Partei fürchten, dass die Fliehkräfte nun | |
weiter zunehmen. | |
21 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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