# taz.de -- Kommentar Linkspartei: Der Magier Oskar | |
> Lafontaine muss sich dazu herablassen, gegen Bartsch anzutreten, oder | |
> verzichten. Verloren hat er so oder so. Klug wäre es, nach Gysis Wink, | |
> den Rückzug anzutreten. | |
Es ist noch nicht so lange her, aber schon fast aus dem Gedächtnis | |
verschwunden: Die Linkspartei war mal eine erfolgreiche Partei. Sie eilte, | |
vor allem im Westen, von Wahlsieg zu Wahlsieg. In dieser jahrelangen | |
Aufwärtsbewegung hat die Partei ein Muster entwickelt, wie sie mit ihren | |
scharfen internen Konflikten umgeht: durch schmerzfreies Vertagen. Wenn es | |
doch mal hart auf hart kam, entschied Gregor Gysi – und zwar für den Magier | |
Oskar Lafontaine, der die Kunst wundersamer Stimmenvermehrung beherrschte. | |
Jetzt, da der Boden wankt, rächt sich diese halbgare Art, dem Streit | |
auszuweichen. Dabei kann die Ratio leicht auf der Strecke bleiben. | |
Allerdings funktionieren immerhin noch die vitalen Reflexe der Partei. | |
Gregor Gysi ist zum ersten Mal auf Distanz zu Lafontaine gegangen. Das | |
zeigt, dass die Partei doch über einen gewissen Eigensinn verfügt und | |
diesem Streit nicht durch Kapitulation ausweichen wird. Denn genau dies | |
verlangt Lafontaine von den Ostgenossen: bedingungslose Selbstaufgabe. Er | |
möchte ohne Abstimmung zum Chef gekürt werden. Eine überzeugende Analyse, | |
warum es mit der Linkspartei bergab geht, ist von ihm nicht bekannt. | |
Dieses Verfahren spricht allem hohn, was demokratische Organisationen | |
auszeichnen sollte: Transparenz, innere Machtbalance, faire Beteiligung der | |
Mitglieder. Lafontaines Verheißung lautet, die Partei wieder erfolgreich zu | |
machen, gegen Rot-Grün, gegen Schwarz-Gelb, gegen alle. Die Kinder sollen | |
einfach glauben, dass der Magier die Jungfrau unverletzt in zwei Teile | |
schneiden wird. Aber der Glaube bröckelt. | |
Oskar Lafontaine hatte immer ein spielerisches Verhältnis zur Macht. | |
Diesmal hat er es überzogen. Was er als sein „Angebot“ präsentierte, | |
nämlich sich generös noch mal mit dieser mediokren Organisation zu | |
befassen, bedeutet de facto deren Unterwerfung. Eine Partei, die sich | |
jemandem derart ausliefert, wäre eine ohne eigenes Gewicht, ohne Wert. | |
Diesen halben Putsch wird es zum Glück nicht geben. Lafontaine muss sich | |
dazu herablassen, gegen Bartsch anzutreten, oder verzichten. Verloren hat | |
er so oder so. Klug wäre es, nach Gysis Wink, den Rückzug anzutreten. Er | |
könnte einer Führung ins Amt helfen, die, anders als die Pausenclowns | |
Ernst/Lötzsch, diesen Namen verdient. Kann Lafontaine die geordnete | |
Übergabe? Oder braucht er rauchende Trümmer? | |
21 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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