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# taz.de -- Konflikt zwischen Israel und Palästina: Mit iPods gegen Siedlerang…
> Die Menschenrechtsgruppe Betselem rüstet Palästinenser mit Kameras aus,
> damit sie Angriffe von Siedlern filmen. Vor Gericht könnten die Aufnahmen
> entscheidend sein.
Bild: Bei dem Dorf Asira al-Qibliya sollen israelische Siedler auf Palästinens…
JERUSALEM taz | Nicht mit Messern und Pistolen, sondern mit Videokameras
und iPods rüsten sich die Palästinenser jetzt zum Kampf gegen die
israelische Besatzung. Ob Schikanen von Seiten der ultraradikalen jüdischen
Nachbarn in der Altstadt von Hebron, Provokationen von Kindern und
Jugendlichen oder gezielte Angriffe durch organisierte Gruppen von Siedlern
wie im Norden des Westjordanlands – kaum ein Übergriff bleibt noch
undokumentiert. Und auch die nicht selten äußerst fragwürdige Rolle der
israelischen Armee kommt dabei ans Licht der Öffentlichkeit.
Die [1][Bilder aus dem Dorf Asira al-Qibliya], südlich von Nablus, vom
vergangenen Wochenende lassen keinen Raum für Interpretationen. Vier
Siedler, von denen drei mit Gewehren und einer Pistole bewaffnet sind,
stehen zusammen mit drei israelischen Soldaten einer Gruppe steinewerfender
Demonstranten gegenüber. Einer der Siedler geht in die Hocke, legt an und
nimmt die Waffe wieder herunter. Er zielt erneut und schießt diesmal. Wenig
später tragen die Palästinenser einen am Kopf blutenden Mann weg. Er war
vor den Augen der Soldaten von einem Siedler niedergeschossen worden.
Die Armee betrachtet den Vorfall als „extrem schwerwiegend“, wie ein
Armeesprecher später verlauten ließ. Militärische und polizeiliche
Untersuchungen seien eingeleitet worden. Die israelische
Menschenrechtsorganisation Betselem fordert Aufklärung und ein Verfahren
gegen die Siedler und die Soldaten. „Die Armee ist verpflichtet, für Recht
und Ordnung im besetzten Gebiet zu sorgen“, sagt Sarit Michaeli, Sprecherin
der Organisation. Sie rechnet jedoch nicht damit, dass den Soldaten in
diesem Fall disziplinarische Schritte drohen.
Mit dem Filmmaterial hat Betselem dennoch deutlich bessere Chancen, als vor
Gericht allein auf Zeugenaussagen angewiesen zu sein, um den Schützen und
seine Helfer zu belangen. Bereits vor fünf Jahren begann Betselem damit,
palästinensische Familien, die an Orten wohnen, wo es häufig zu
Zusammenstößen kommt, mit Videokameras auszustatten. Inzwischen sind rund
150 Geräte im Westjordanland im Umlauf und eine Handvoll auch im
Gazastreifen.
Neben der verbesserten Beweislage vor Gericht zielt das Projekt der
Menschenrechtsorganisation auf die Aufklärung der israelischen
Öffentlichkeit, für die die Realität im besetzten Gebiet zumeist sehr weit
weg ist. Die Bilder von Ashraf Abu Rahma, dem ein israelischer Offizier in
dem Dörfchen Bil’in nahe Ramallah in den Fuß schoß, während Abu Rahma die
Augen verbunden und die Hände hinter dem Rücken zusammengebunden waren,
flimmerten Dutzende Male über YouTube und auch über israelische
Bildschirme. Auch der Fall eines dänischen Aktivisten, dem der Kommandant
einer militärischen Einsatzgruppe geradewegs seinen Gewehrkolben ins
Gesicht schlug, war nur deshalb in aller Munde, weil er vor laufender
Kamera stattfand.
In Asira al-Qibliya waren drei „Amateurfilmer“ im Einsatz. Das Dorf liegt
in der Nähe von Itzhar, einer als besonders radikal geltenden Siedlung.
Immer wieder kommt es hier zu Provokationen und Übergriffen. „Unser Projekt
hat nicht dazu geführt, dass die Siedler und die Soldaten die Gewalt
einstellen“, sagt Michaeli, „aber wenigstens sieht die israelische
Öffentlichkeit ab und an, dass in den besetzten Gebieten nicht alles so
ist, wie es sein sollte.“ Außerdem fühlten sich die Palästinenser nicht
mehr ganz so schutzlos wie ohne die Kameras.
24 May 2012
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/verify_age?next_url=/watch%3Fv%3DIgeQzvIirvQ%26featu…
## AUTOREN
Susanne Knaul
## TAGS
Israel
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