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# taz.de -- Kolumne Bitches in Baku #12: Politische Zuspitzungen
> Baku scheint im Ausnahmezustand. Doch am Montag sind alle Besucher wieder
> weg. Sollten sie nicht besser bleiben? Die Menschenrechtler sagen ja.
Bild: Jubel beim Halbfinale am Dienstag.
Man weiß nicht genau, wie es der schwedischen Sängerin beim gestrigen
zweiten Semifinale erging. Meldungen – die noch nicht bestätigt wurden –
zufolge, sind Menschen aus dem Umfeld von aserbaidschanischen
Menschenrechtlern zumindest in Gewahrsam genommen worden, die sich mit der
Schwedin Anfang der Woche in einem NGO-Büro in Baku getroffen hatten.
Die politischen Meldungen überschlagen sich ohnehin fast: Baku scheint im
Ausnahmezustand. Und doch, ich möchte nicht lügen, ist das nur die eine
Seite der Medaille hier am Kaspischen Meer. Die andere könnte lauten: Man
wird von ziemlich vielen, vor allem jungen Menschen einfach so auf der
Straße angesprochen, von woher man denn komme, wie man das alles in Baku
finde und wie toll die Stimmung.
Ich spreche nicht von – das würde doch sofort wieder so ausgelegt werden –
bezahlten Propagandisten in den Vierteln der Stadt, sozusagen keine
einflüsternden Jubel-Aserbaidschanern, sondern von Jugendlichen, Jungen und
Mädchen. Die sehen nicht aus wie besonders geschickt infiltrierte Agenten
des Regimes. Vertiefen wir das nicht weiter, denn es könnte sein, dass
stimmt, was mir ein Mensch aus dem Menschenrechtsumfeld sagte, ohne dass er
mir erlaubte, seinen Namen zu nennen: Montag geht ihr alle wieder weg.
Sollen wir nicht besser bleiben? Ja, ihr sollt besser bleiben. Das setzt
dann die Politik unter Druck. Ich erwidere, dass doch von Anfang an klar
gewesen ist, dass nach dem ESC die Show vorbei ist. Egal welche, vor allem
die existentielle der Häuserbewohner, die willkürliche aus ihren Herbergen
vertrieben wurden.
Nun, ich will kein Spielverderber sein und gelobe, dass alle Europäer mit
Herz Aserbaidschan nicht vergessen werden. Weshalb er seinen Namen nicht
nennen wolle, frage ich noch. Alle Namen seien wie Schall und Rauch, und er
möchte nicht für etwas einstehen, was er nicht sein werde: ein Kämpfer auf
so viele Jahre. Nein, er will gucken, jetzt die Kampagne hinter sich zu
lassen. Er will, wer verstünde ihn nicht, seine Ruhe. Ist bei seinen Eltern
untergekommen und will sich seiner Elektroingenieursausbildung widmen.
Im zweiten Halbfinale, um das Unpolitische nachzutragen, hat es nicht das
ganze Rudel exjugoslawischer Chanteusen geschafft. Und Weißrussland ist
auch ausgeschieden. Das entlastet, weil dieses Land des Bösen nicht mehr
gewinnen kann, die ARD von der Überlegung, möglicherweise nicht am nächsten
ESC teilnehmen zu können. Aus, ehrlich gesagt, mir verständlichen Gründen.
Denn Weißrussland, das räumen natürlich auch Oppositionelle in Baku ein,
ist in der Kategorie des Demokratischen, noch in einer eigenen Liga – ein
failed European state fast. Also dahin geht die Reise schon mal nicht: nach
Minsk.
25 May 2012
## AUTOREN
Jan Feddersen
Jan Feddersen
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Schwerpunkt Eurovision Song Contest
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