| # taz.de -- Stichwahl in Ägypten: Wer ist das kleinere Übel? | |
| > Das Rennen um die Präsidentschaft in Ägypten bleibt offen. Zur Wahl | |
| > stehen jetzt der Islamist Mursi und Mubarak-Mann Schafik. Die | |
| > Unterlegenen fechten die Wahl an – ohne Erfolg. | |
| Bild: Ahmed Shafiq (links) und Mohamed Mursi stehen zur Wahl. | |
| KAIRO dpa | In Ägypten kämpfen ein Islamist und ein Mann des ehemaligen | |
| Regimes des gestürzten Präsidenten Husni Mubarak in der Stichwahl am 16. | |
| und 17. Juni um das höchste Staatsamt. Das gab Faruk Sultan, der Präsident | |
| der Wahlkommission, am Montag in Kairo offiziell bekannt. In der ersten | |
| Runde der Präsidentenwahl am 23. und 24. Mai habe Mohammed Mursi, der | |
| Kandidat der Muslimbruderschaft, mit knapp 5,8 Millionen Stimmen vorne | |
| gelegen. Mubaraks letzter Ministerpräsident Ahmed Schafik kam danach mit | |
| 5,5 Millionen Stimmen auf den zweiten Platz. Die Wahlbeteiligung lag bei 46 | |
| Prozent. | |
| Nach dem Sturz Mubaraks im Februar 2011 hatte in Ägypten der Oberste | |
| Militärrat die Macht übernommen. | |
| Die Wahlkommission wies am Montag die Wahlanfechtungen von fünf | |
| unterlegenen Kandidaten als „grundlos“ ab. Die Beschwerdeführer hatten | |
| Verstöße gegen die Wahlordnung sowie unstatthafte Wählerbeeinflussungen und | |
| massiven Stimmenkauf zur Sprache gebracht. | |
| Unter den Beschwerdeführern gegen den ersten Wahlgang war der linke | |
| Kandidat Hamdien Sabbahi, der mit 4,8 Millionen Stimmen überraschend auf | |
| dem dritten Platz gelandet war. Er beanstandete auch, dass Schafik | |
| eigentlich von der Wahl hätte ausgeschlossen werden müssen. Er berief sich | |
| darauf, dass die Wahlordnung vorsieht, dass Vertreter des alten Regimes | |
| nicht wählbar sind. | |
| Der gemäßigte Islamist und Ex-Muslimbruder Abdel Moneim Abul Futuh, dessen | |
| Beschwerde von der Wahlkommission ebenfalls abgewiesen wurde, sagte in | |
| Kairo, die Wahl sei „nicht sauber“ gewesen. „Ich hatte gehofft, sie würde | |
| zumindest so fair und korrekt sein wie die Parlamentswahl (zur | |
| Jahreswende). Sie war es nicht.“ Abul Futuh, den Meinungsforscher vor der | |
| Wahl als Favoriten gehandelt hatten, kam mit knapp 4,1 Millionen Stimmen | |
| nur auf den vierten Platz. | |
| ## „Eine neue Ära“ | |
| Die beiden Bestplatzierten brachten sich bereits für das Finish in | |
| Stellung. „Ich verspreche allen Ägyptern eine neue Ära“, erklärte Schafik | |
| am Samstag in Kairo. Die Muslimbruderschaft umwarb indes einige der in der | |
| ersten Runde unterlegenen Kandidaten. Unter anderem sollen ihnen die | |
| Vize-Präsidentschaft und wichtige Posten in der nächsten Regierung | |
| angeboten worden sein, falls sie ihre Anhänger im Juni zur Wahl Mursis | |
| aufriefen. Sabbahi und Abul Futuh erklärten, in keinerlei Verhandlungen mit | |
| den Muslimbrüdern zu stehen. | |
| Aktivisten der Aufstandsbewegung, die den Sturz Mubaraks bewirkt hatte, | |
| zeigten sich bitter enttäuscht über einen Wahlausgang, der den Bürgern nur | |
| noch die Wahl zwischen einem Mubarak-Mann und einem frommen Islamisten | |
| belässt. Einige von ihnen hatten die Wahl von vornherein boykottiert, | |
| andere ihre Stimme dem Linken Sabbahi oder dem mit wenig Chancen | |
| angetretenen Aktivisten Chalid Ali gegeben. Die meisten Organisationen der | |
| sogenannten Revolutionsjugend neigen nun dazu, zur Wahl Mursis aufzurufen. | |
| Gegenüber dem Ex-Regime-Mann Schafik betrachten sie ihn als das „geringere | |
| Übel“. | |
| 28 May 2012 | |
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