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# taz.de -- Irland stimmt für harten Sparkurs: Angst schlägt Wut
> Die Iren haben per Referendem für den Europäischen Fiskalpakt gestimmt.
> Nun drohen höhere Steuern und Kürzungen im Gesundheits- und
> Bildungswesen.
Bild: Ob Mervyn Johnston, 73, abgestimmt hat? Auf jeden Fall ist seine Werktsta…
DUBLIN taz | Die Iren haben den Europäischen Fiskalpakt am Donnerstag per
Volksentscheid abgesegnet, obwohl die Umfragewerte für die
Regierungskoalition aus konservativer Fine Gael und Labour Party seit ihrem
Amtsantritt vor einem Jahr stetig in den Keller gegangen sind. Gleichzeitig
hat Sinn Féin, der politische Flügel der inzwischen aufgelösten
Irisch-Republikanischen Armee (IRA), der gegen den Fiskalpakt eintrat, nun
doppelt so viele Anhänger wie Labour.
Dass die Wähler dennoch mit rund 60 zu 40 Prozent für den Fiskalpakt
stimmten, liegt an der Einschüchterungskampagne der Regierung, sagte am
Freitag der Abgeordnete der United Left Alliance, Richard Boyd-Barrett. Die
Angst war stärker als die Wut.
Ohne Zustimmung zum Fiskalpakt, so drohte die Regierung, könne Irland keine
Gelder aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) erwarten. Der Pakt
soll die Unterzeichner zu strenger Haushaltsdisziplin zwingen. Andernfalls
drohen Geldstrafen. Anders als bei den Verträgen von Nizza und Lissabon
hatten die Iren diesmal kein Veto. Der Fiskalpakt tritt am 1. Januar 2013
in Kraft, wenn zwölf der 17 Länder der Eurozone ihn ratifiziert haben.
Lediglich die Hälfte der Wahlberechtigten hat abgestimmt, es war die
niedrigste Wahlbeteiligung bei einem Referendum zu Europa. Zustimmung kam
vor allem aus den ländlichen Gebieten mit Ausnahme des Nordwestens, aus den
Vierteln der Mittelschicht in den Städten sowie von älteren Menschen. Aus
den Arbeitervierteln und von jüngeren Leuten kam dagegen ein Nein.
## „Willkommen im Bundestag (irische Zweigstelle)“
Der sozialistische Europa-Abgeordnete Paul Murphy sagte, die versprochene
Stabilität werde nicht eintreten. „Der Kampf gegen Austerität muss nun in
den Gemeinden und an den Arbeitsplätzen geführt werden“, sagte er. Die
Gegner des Fiskalpakts haben ein Transparent vor dem Dubliner Parlament
aufgehängt: „Willkommen im Bundestag (irische Zweigstelle)“, steht darauf …
ein Hinweis auf die Urheberin des Fiskalpakts, Bundeskanzlerin Angela
Merkel.
In Irland hat die Troika aus Internationalem Währungsfonds (IWF),
EU-Kommission und Europäischer Zentralbank (EZB) ein Spardiktat verhängt,
seit sie der Grünen Insel vor gut zwei Jahren 67,5 Milliarden Euro Kredite
bewilligt hat. Die irische Regierung hat während ihrer Kampagne für den
Fiskalpakt ihre Amtsgeschäfte mehr oder weniger ruhen lassen und über
weitere Sparmaßnahmen tunlichst geschwiegen, um das Volk nicht ins Lager
der Nein-Sager zu treiben.
Doch nun stehen Entscheidungen an, zum Beispiel die angekündigte
Immobiliensteuer, die bei 3.000 Euro im Jahr liegen könnte. Sie trifft
nicht nur die oberen Einkommensschichten, denn Hausbesitz ist in Irland
weiter verbreitet als in den meisten anderen EU-Ländern: Rund 80 Prozent
der Iren leben in Einfamilienhäusern, rund 80 Prozent davon sind die
Eigentümer.
Außerdem wird die Regierung ihre pauschale Haushaltssteuer, die bisher von
rund der Hälfte der Bevölkerung boykottiert wird, mit Zwangsmaßnahmen
durchsetzen. Im Bildungs- und Gesundheitsbereich sind weitere Kürzungen
fällig, im öffentlichen Sektor, der bereits Gehaltseinbußen von bis zu 20
Prozent hinnehmen musste, sind ebenfalls weitere Einsparungen geplant.
1 Jun 2012
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
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