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# taz.de -- Internes Prioritäten-Programm der Grünen: Sparen am sozialen Gewi…
> Ein internes Papier der Grünen hat die Prioritäten für eine mögliche
> Regierungszeit festgelegt. Ganz oben steht die Energiewende – Hartz IV
> rangiert weit unten.
Bild: Wo man zuerst sparen könnte? Renate Künast, Jürgen Trittin und andere …
BERLIN taz | Im Wahlprogramm 2009 klangen die Grünen noch sehr entschieden:
Zu einer gerechten Verteilung des Wohlstandes gehöre auch, heißt es darin,
dass die Hartz-IV-Regelsätze sofort auf 420 Euro angehoben würden.
Inzwischen ist die Euphorie für mehr Geld für Arme abgekühlt. Im Falle
einer Regierungsbeteiligung tritt die Partei nur noch dafür ein, die
Hartz-IV-Sätze 2014 auf 391 Euro im Monat anzuheben. Das geht aus einem
internen Fraktionspapier hervor, das der taz vorliegt.
Der zehnseitige Bericht der „Projektgruppe Prioritäten 2013“ enthält
weitere brisante Punkte – und hat parteiintern große Bedeutung. Denn die
Arbeitsgruppe, in der die Fraktionsvorsitzenden Jürgen Trittin und Renate
Künast, ihre Stellvertreter und wichtige Fachpolitiker sitzen, legt fest,
welche Ideen die Partei in einer Regierung umsetzen will und auf welche sie
angesichts knapper Finanzen verzichten würde.
Detailliert geht die AG in ihrer Zwischenbilanz die Projekte durch – und
gibt dabei klare Empfehlungen ab. Für die Erhöhung der Regelsätze auf 391
Euro veranschlagen sie 1,7 Milliarden Euro. Ambitioniert ist das nicht:
Derzeit bekommt ein Erwachsener 374 Euro, und diesen Satz muss der Staat
schon jetzt regelmäßig an die Lohn- und Preisentwicklung anpassen. Selbst
das Finanzministerium unter Wolfgang Schäuble rechnet 2013 mit einem
Aufschlag von knapp 10 Euro und 2014 mit noch mal rund 10 Euro – womit die
neue grüne Zielmarke von 391 Euro also selbst für Schwarz-Gelb denkbar ist.
„Ich hätte mir beim Hartz-IV-Regelsatz einen klareren Pfad gewünscht“, sa…
Markus Kurth, der als Sozialpolitiker in der AG saß. Doch die Grünen
hielten am Ziel von 420 Euro fest. Kurth verweist auf die neue Einkommens-
und Verbrauchsstichprobe, die 2014 vorliegen soll. „Ich gehe davon aus,
dass es dann zu weiteren Erhöhungen kommen muss.“
## Sätze wie ein leiser Abschied
Auffällig ist, dass auch andere sozialpolitische Großprojekte in der
Dringlichkeit nach unten gerutscht sind. Zum Beispiel die
Kindergrundsicherung. Sie galt vielen Grünen noch 2009 als Wundermittel, um
arme Kinder zu fördern, die etwa von Kindergelderhöhungen nicht
profitieren, weil diese mit Hartz-IV-Sätzen verrechnet werden. Sie sollte
das Existenzminimum und Freibeträge für Erziehung und Betreuung
zusammenfassen, von Eltern versteuert werden und so Ungerechtigkeiten
beseitigen. Nun heißt es verschämt: Ein Einstieg sei „nicht von heute auf
morgen darstellbar“. Aber man arbeite an einem Einstieg. Das sind Sätze,
die wie ein leiser Abschied klingen.
Ebenso vage bleibt die Grünen-AG bei der Garantierente, welche
Geringverdiener und Menschen mit unterbrochenen Erwerbsbiografien im Alter
schützen sollte. Versprach das Programm 2009 noch die Garantierente „ab
sofort“, ist im Fraktionspapier nur noch schwammig davon die Rede, „einen
Einstieg zu schaffen“.
Rentenexperte Wolfgang Strengmann-Kuhn beteuert, beide Projekte würden
schnell in der nächsten Legislaturperiode angegangen. Er betont, für das
sozialpolitische Profil der Partei seien solche Grundsatzideen „viel
entscheidender als die Maßnahmen, die kurzfristig umsetzbar sind.“ Deshalb
müsse man beides in der Diskussion trennen. „Das muss auch von unseren
Führungsleuten stärker betont werden.“ Viel Geld sieht die Prioritätenliste
etwa für die Energiewende (3,5 Milliarden Euro), für weltweiten Klimaschutz
(500 Millionen Euro), für Kinderbetreuung (1 Milliarde Euro) oder
Hochschulen (1 Milliarde Euro) vor.
6 Jun 2012
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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