# taz.de -- „Uranmaschine“ vor 70 Jahren havariert: Erster Atomstörfall de… | |
> Die Feuerwehr löschte den Brand mit Decken und Schaum. Vor 70 Jahren | |
> brach in der Leipziger „Uranmaschine“ Feuer aus. Die Universität gedenkt | |
> mit einer Vorlesung. | |
Bild: Ohne Meiler is' geiler! | |
BERLIN taz | Vor 70 Jahren ereignete sich der vermutlich erste Unfall in | |
der Geschichte der Atomkraft. In einem Labor des Physikalischen Instituts | |
der Universität Leipzig kam es am 23. Juni 1942 beim Öffnen des | |
Einfüllstutzens einer „Uranmaschine“ zu einem Brand. Mit einer öffentlich… | |
Vorlesung will die Uni nun an die damaligen Vorfälle erinnern. | |
Leipziger Physiker um die Professoren Robert Döpel und den später nach | |
Berlin gewechselten Werner Heisenberg waren während des Zweiten Weltkriegs | |
maßgeblich am sogenannten „Uranprojekt“ beteiligt – das war der Deckbegr… | |
für wissenschaftliche Arbeiten, mit denen sich die Nationalsozialisten die | |
Kernspaltung militärisch zunutze machen wollten. | |
Ihre Uranmaschine besteht aus einer Metallkugel mit einem Durchmesser von | |
80 Zentimetern. Im mittleren und äußeren Ring sind 750 Kilogramm Uranpulver | |
verteilt. Dazwischen schwimmt schweres Wasser – es wirkt in dem Minireaktor | |
wie eine Art Dämpfer. Jedes Experiment beginnt mit dem Einführen einer | |
Neutronenquelle in den Reaktor. Danach messen die Forscher, ob es in der | |
Uranmaschine zu einer Neutronenvermehrung gekommen ist. Über mögliche | |
Gefahren macht man sich kaum Gedanken. Schutzanzüge oder Atemmasken trugen | |
die Wissenschaftler nicht. | |
Einmal habe sich ein Mitarbeiter Döpels beim Einfüllen von Uranpulver die | |
Hand verbrannt, weiß der Physiker Dietmar Lehmann. Er hat Anfang der 1990er | |
Jahre für den Band „Werner Heisenberg in Leipzig. 1927–1942“ recherchiert | |
und ist dabei auf einen Koffer mit Unterlagen gestoßen, in denen es auch um | |
den Uranbrand im Juni ging. | |
## Ende der Geheimforschungen | |
Am 23. Juni zeigen die Messkurven, dass es in der Uranmaschine zu einer | |
Vermehrung der Neutronen gekommen ist – erste Anzeichen für eine | |
Kettenreaktion. Döpel lässt den Reaktor öffnen, aus dem ein paar Tage zuvor | |
Gasblasen ausgetreten sind. Es zischt, dann schießt eine Stichflamme aus | |
der Apparatur, das Uran verbrennt und versprüht Funken, schließlich | |
zerspringt das Kugelgefäß. Die Wissenschaftler rufen die Feuerwehr, die den | |
Brand mit Decken und Schaum eindämmt. Die Explosion des Minireaktors am 23. | |
Juni 1942 hat die geheimen Forschungen in Leipzig beendet. | |
„Natürlich war das der erste Störfall in der Geschichte der Kernkraft“, | |
sagt heute der Dekan der Leipziger Fakultät für Physik und | |
Geowissenschaften, Jürgen Haase. Die Leipziger Physik habe damals | |
bahnbrechende Forschung auch auf dem Gebiet der Kernphysik betrieben. | |
„Dabei kann auch mal etwas passieren“. | |
Am 24. Juni 2012 will Lehmann im Rahmen einer „Sonntagsvorlesung“ im | |
Gebäude der Fakultät über die Uranmaschinen-Versuche berichten. Im | |
Anschluss werde ein Vertreter der örtlichen Branddirektion über den | |
damaligen Feuerwehreinsatz informieren, ließ die Universität wissen. | |
8 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Reimar Paul | |
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