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# taz.de -- Daniel Richter unterstützt Franco-Doku: Hochebenen des Führers
> Der renommierte Künstler Daniel Richter unterstützt ein Filmprojekt zur
> Geschichte der Franco-Diktatur in Spanien. 300 Siedlungen hatten die
> Faschisten gegründet.
Bild: In der Tradition von Punk, Dada, Popart und John Heartfield: Diktator Fra…
Seine Gesichtszüge sind so weich und konturlos, dass es echt schwierig ist,
ihn zu zeichnen, sagt Daniel Richter. Er spricht über das Antlitz Francisco
Francos, des Ausdauerndsten unter den faschistischen Führern des letzten
Jahrhunderts. Der General hatte sich 1936 gegen die Spanische Republik
erhoben und nach einem dreijährigen, erbittert geführten Bürgerkrieg 1939
die Macht ergriffen. Bis zu seinem Tod 1975 sollte er Spanien diktatorisch
beherrschen.
Daniel Richter hat die Absicht, Franco zu zeichnen, schließlich verworfen,
stattdessen alte Fotoaufnahmen des Caudillo verfremdet. Entstanden ist so
eine vierteilige Serie von Franco-Collagen, die der Künstler in limitierten
Auflagen von jeweils 50 Exemplaren zu 300 Euro das Stück vertreiben lässt.
Das ist günstig, ein richtiger Volks-Richter. Der 49-Jährige zählt zu den
berühmtesten und teuersten Künstlern seiner Generation.
Richter unterstützt mit der Franco-Serie das Dokumentar-Filmprojekt
„Franco’s Settlers. Los Colonos del Caudillo“ der beiden in Berlin lebend…
Regisseure Lucía Palacios und Dietmar Post. Beide hatten sich bereits mit
dem Dokumentarfilm „Monks – The Transatlantic Feedback“ einen Namen
gemacht, die Produktion wurde 2008 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. The
Monks (die Mönche), waren eine wilde Beat-Band der 1960er Jahre, gegründet
von amerikanisches G.I.s in Gelnhausen, Hessen. Wie kommt man von der
Subkulturforschung, der Vorphase des Punks, zur Filmrecherche der
franquistischen Siedlungsbewegung in Spanien?
Durch persönliches Interesse, sagt Post. Er und Lucía Palacios lernten sich
in den 1990er Jahren beim Studium in New York kennen. Als sie 1999 Palacios
Eltern in der zentralspanischen Provinz Kastilien-La Mancha besuchten,
reisten sie auch durch das Dorf Llanos del Caudillo, zu Deutsch: Hochebenen
des Führers.
## Demokratie versus Amnesie
Post und Palacios begannen zu recherchieren und fanden Ungewöhnliches
heraus, über das in Spanien eigentlich bis heute nicht gern geredet wird.
Schließlich beruht der weitgehend friedliche Übergang zur Demokratie nach
Francos Tod 1975 auf der unausgesprochenen, aber ehern eingehaltenen
Verabredung: Demokratie versus Amnesie.
Linke und Demokraten bekamen ihre Republik zurück, im Gegenzug wurde die
franquistische Rechte ins neue System integriert, die verbrecherische
Vergangenheit blieb unangetastet. Franco-Statuen blieben oftmals stehen und
Städtchen wie Llanos del Caudillo heißen halt noch immer so.
Ermittlungsrichter Baltasar Garzón versuchte gegen diesen aus der
Transición, der Übergangsphase des Franquismus zur Demokratie, stammenden
Konsens in Spanien 2008 juristisch zu intervenieren. Der seit der
Pinochet-Anklage weltweit bekannte Jurist eröffnete ein Verfahren wegen
Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen hohe Entscheidungsträger des
Franco-Regimes.
## Beweise für Massenmorde
Er ließ auch neunzehn Massengräber aus der Frühphase des Franquismus
öffnen, um Beweise für begangene Massenmorde zu sichern. Garzón wurde
jedoch seinerseits wegen Rechtsbeugung angeklagt, seiner Ämter enthoben und
im Februar 2012 mit einem elfjährigen Berufsverbot belegt. Der 1955
Geborene wird allenfalls als Pensionist noch einmal in Spanien beruflich
aktiv werden.
1955 war auch das Geburtsjahr der Siedlung Llanos del Caudillo.
Faschistisches Landwirtschaftsministerium und Siedlungsinstitut suchten so
landlose Arbeiter zu treuen Parteigängern des Franquismus und als
Pachtbauern zu Vasallen staatlich gelenkter Wirtschaftspolitik zu machen.
Llanos del Caudillo hat heute keine tausend Einwohner, Post und Palacios
haben mit vielen, vor allen der älteren Einwohner gesprochen. Sie erinnern
an Blockwart und Spitzelwesen, andere stehen bis heute treu zur Sache.
Doch beim Umbau eines Hühnerstalls waren zuletzt tausende Akten
aufgetaucht, die die Wahrheit über die Ankunft der Siedler in Llanos
erzählen. Auch mit welch bürokratischer Akribie sie von den faschistischen
Funktionären um ihre Erntegewinne gebracht wurden und wie das gesamte
Projekt, aus Franco-Spanien einen autarken landwirtschaftlichen Staat zu
machen, schließlich scheiterte.
Palacios und Post haben Unmengen alter Film- und Fotoaufnahmen gesichtet
und in ihren Dokumentarfilm eingearbeitet, auch Interviews mit ehemals
hochrangigen Falange-Kadern geführt oder sich mit Felipe González, dem
sozialdemokratischen Ministerpräsidenten der Übergangsjahre, getroffen. Ihr
Film kommentiert zurückhaltend, lässt lieber Protagonisten und Material
sprechen. Eine überzeugende Methode.
„Franco’s Settlers“ könnte im Kleinen ein wichtiger Beitrag zur
Aufarbeitung des Franquismus werden, sofern auch Dank der Collagen von
Daniel Richter die benötigten 60.000 Euro für die Postproduktion
zusammenkommen, damit der Film auf Festivals wie in San Sebastián nächstes
Jahr gezeigt werden kann.
## ■ und Verkauf von Daniel Richters Collagen bis 12. Juli über:
## ■ W . Am 30. Juni Paella mit Herrn Richter im Wowsville,
Berlin-Kreuzberg
10 Jun 2012
## AUTOREN
Andreas Fanizadeh
Andreas Fanizadeh
## TAGS
Kunst
Spanien
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