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# taz.de -- Krankenhaus-Hygiene: Tödliche Keime aus dem Biofilm
> Ein Stück Wasserschlauch könnte die "Punktquelle" sein, in dem seit 2009
> der für mehrere Frühchen tödliche ESBL-Keim im Klinikum Bremen-Mitte
> überlebt hat
Bild: Geballte Expertise am Tisch (von links): Martin Exner (Uni Bonn), Senator…
Die Phase der Ungewissheit hat vielleicht bald ein Ende. Das jedenfalls
hofft Bremens Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD): Der
bundesweit renommierte Hygiene-Experte Martin Exner hat eine mögliche
„Punktquelle“ für den Keimbefall auf der geschlossenen Frühchenstation im
Klinikum Bremen-Mitte ausgemacht. Wenn sich das bestätigt, dann könnte, so
die Senatorin, die Station bald wieder aufmachen.
Der spezielle Keim, der in Bremen zum Tod von mindestens drei Kindern
geführt hat, sei hier erstmals in Deutschland aufgetaucht, so Exner. Man
müsse davon ausgehen, dass er 2009 mit einem Kind „eingeschleppt“ wurde.
Demnächst werde es neue Richtlinien geben, nachdem jeder Patient, der aus
Ländern wie Indien oder dem arabischen Raum kommt, erst einmal in
gesonderten Räumen untergebracht und intensiv auf Keime untersucht wird.
Die unkontrollierte Vergabe von Antibiotika in solchen Ländern führe zur
Bildung besonders vieler resistenter Keime.
Nach den umfangreichen Kontrollen des medizinischen Personals, so erklärte
Exner, müsse man davon ausgehen, dass die Quelle des wiederholten
Keimbefalls in einem der technischen Geräte liege, einer „Punktquelle“.
Selbst wenn es richtig sein sollte, das der Keim 2009 eingeschleppt wurde,
müsse es einen Ort geben, an dem er bis 2012 überlebte und der immer wieder
zu Kontaminationen führte.
Bei den Hygiene-Kontrollen war aufgefallen, dass mehrfach an dem Eimern,
mit denen die Desinfektionsmittel herumgetragen werden, genau diese
Klebsiellen gefunden wurden. Das hatte schon der frühere Klinik-Hygieniker
Axel Kappler festgestellt – ohne sich darauf einen Reim machen zu können.
Exner hatte nun schon in den Achtzigerjahren „Dosierautomaten“ als
Keimquelle identifiziert. Nun hat er das Gerät auf der Bremer
Frühchenstation 4027 auseinandergenommen und ist fündig geworden – in einem
Schlauchstück, über das Frischwasser zugeführt wird: Ein „Biofilm“ habe
sich da festgesetzt, in dem DNA-Spuren des fraglichen ESBL-Keimes
nachweisbar waren. Die Ergebnisse müssen noch überprüft werden, viele
Phänomene der Keim-Geschichte passen aber zu einer solchen „Punktquelle“.
Insbesondere lösen sich „Flatschen“ des Biofilms, wie der Hygieniker sich
drastisch ausdrückte, nicht jedes Mal, wenn Wasser hindurchfließt, sondern
nur hin und wieder. Dies könnte erklären, dass die Station zwischendurch
immer wieder keimfrei erschien.
Das Problem an diesem Keim ist, dass man Menschen nicht davon „reinigen“
kann. Gleichwohl scheint eines der beiden Kinder, an denen der Keim im
Februar nachgewiesen worden war und die auf die Intensivstation verlegt
wurden, nun keimfrei. Das andere wird demnächst entlassen. Bei einigermaßen
resistenten Menschen führt der Keim nicht zu einer gesundheitlichen
Beeinträchtigung, es lässt sich damit gut leben.
Exner geht davon aus, dass in den nächsten Jahren die Probleme mit Keimen,
die gegen Antibiotika resistent sind, stark zunehmen. Notwendig sei eine
strengere Hygiene und die Einschränkung und bessere Kontrolle der Vergabe
von Antibiotika, gerade in der Gefügelmast.
8 Jun 2012
## AUTOREN
Klaus Wolschner
Klaus Wolschner
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Frühchen
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