# taz.de -- Kritik am Emissionshandel: Zertifikate im Überschuss | |
> Das Freiburger Öko-Institut gibt an, dass die Zertifikate für Emissionen | |
> zu großzügig berechnet seien. Für einen besseren Klimaschutz müssten | |
> Überschüsse verhindert werden. | |
Bild: Überschüssige Zertifikate verbilligen Emissionen, wie hier im Kraftwerk… | |
BERLIN/HAMBURG afp | Zur Umsetzung ihrer Klimaschutzziele sollte die EU | |
einer Studie zufolge die Verschmutzungsrechte drastisch einschränken. Die | |
Umweltschutz-Organisationen WWF und Greenpeace legten am Montag eine Studie | |
des Freiburger Öko-Instituts vor, wonach die Unternehmen in der EU im | |
kommenden Jahr rund zwei Milliarden überschüssige Emissionszertifikate | |
besitzen werden. | |
Gründe seien die Wirtschaftskrise und Schlupflöcher für die Industrie. Der | |
Preis für eine Tonne Kohlendioxid (C02) habe einen „historischen Tiefstand“ | |
erreicht und biete den Firmen keine Anreize für klimafreundliche | |
Investitionen. | |
Das Emissionshandelssystem (EHS) umfasst über 12.000 Kraftwerke und | |
Industrieanlagen in der EU sowie Norwegen und Liechtenstein. Die | |
Unternehmen erhalten jeweils ein bestimmtes Kontingent an | |
Verschmutzungsrechten gratis, den Rest müssen sie ersteigern. Sind ihre | |
Emissionen höher als die zugeteilten Verschmutzungsrechte, müssen sie | |
zusätzliche Zertifikate kaufen; fällt der Schadstoff-Ausstoß geringer aus, | |
können sie sie verkaufen. Das soll dazu führen, dass die Firmen in | |
umweltschonende Abläufe und Technik investieren. | |
Das Öko-Institut schlägt Angesichts des Überschusses von zwei Milliarden | |
Verschmutzungsrechten vor, 1,4 Milliarden Zertifikate für mindestens zehn | |
Jahre stillzulegen. Zudem müssten Gutschriften für die Unternehmen aus | |
Klimaprojekten in der Dritten Welt begrenzt werden. Und schließlich müsse | |
die jährlichen Emissions-Minderungsvorgabe der EU und damit das nach | |
Meinung von Klimaschützern zu schwache europäische Klimaziel „deutlich | |
verschärft“ werden. | |
2020 will die EU 20 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen als 1990. | |
Bereits heute habe sie 17 Prozent erreicht, erklärten WWF und Greenpeace. | |
Sie plädierten für ein Ziel von 30 Prozent. Dies würde laut Studie die | |
Reduktion der Treibhausgase um 3,9 Prozent jährlich erfordern und den Preis | |
pro Tonne CO2 um mehr als 20 Euro erhöhen. Derzeit kostet ein | |
Verschmutzungsrecht für eine Tonne CO2 6,50 Euro. | |
„Die europäischen Staats- und Regierungschefs müssen jetzt schnell handeln, | |
um den Emissionshandel und damit den europäischen Klimaschutz zu | |
stabilisieren“, forderten WWF und Greenpeace. Bereits beim kommenden | |
EU-Gipfel Ende Juni müsse das Thema auf die Tagesordnung. Bundeskanzlerin | |
Angela Merkel (CDU) müsse hier eine Führungsrolle übernehmen. Eine | |
Verschärfung der EU-Klimaschutzziele stößt bislang vor allem auf den | |
Widerstand Polens. | |
11 Jun 2012 | |
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