# taz.de -- Kommentar Braunkohle: Verpfuschter Emissionshandel | |
> Wer die Braunkohle zurückdrängen will, muss beim Emissionshandel | |
> ansetzen. Die massenweise verteilten Zertifikate müssen verknappt werden. | |
Die Botschaft klingt plausibel: Weniger Atomstrom gleich mehr Energie aus | |
Braunkohle. Und deshalb stellen Gegner des Atomausstiegs diesen | |
Zusammenhang jetzt her, nachdem die Stromerzeugung aus Braunkohle | |
hierzulande zugelegt hat. Sieben Millionen Tonnen Kohlendioxid wurden 2011, | |
gemessen am Vorjahr, zusätzlich aus Braunkohlekraftwerken in die Luft | |
geblasen – nichts, über das man sich freuen kann. | |
Als Argument gegen den Atomausstieg taugt die Zahl trotzdem nicht. Denn das | |
Plus bei der Braunkohleverstromung hängt allein zusammen mit einer | |
Verschiebung innerhalb der fossilen Energien. Die Stromerzeugung aus | |
Steinkohle nämlich ging 2011 um 2,5 Milliarden Kilowattstunden zurück, jene | |
aus Erdöl um 1,4 Milliarden und die aus Erdgas um 2,8 Milliarden. So hat | |
sich die Menge des aus fossilen Quellen erzeugten Stroms in der Summe | |
praktisch nicht verändert. Das Problem jedoch: Die Energiewirtschaft hat | |
von klimafreundlicheren Rohstoffen wie Erdgas zum dreckigsten gewechselt, | |
was die Erde zu bieten hat, zur Braunkohle. | |
Diese Entwicklung hat nichts mit dem Atomausstieg zu tun, sondern allein | |
mit dem verpfuschten Emissionshandel. Für jede Tonne Kohlendioxid, die ein | |
Kraftwerk ausstößt, muss es derzeit nur zwischen 7 und 9 Euro bezahlen – | |
erst ab 25 Euro pro Tonne haben die Unternehmen jedoch ausreichend Anreiz, | |
klimafreundlichere Brennstoffe zu wählen. | |
Wer die Braunkohle zurückdrängen will, hat also am Emissionshandel | |
anzusetzen. Die Zertifikate, die europaweit in zu üppigen Mengen ausgegeben | |
wurden, müssen dringend verknappt werden. Nur dann kann der im Grunde | |
sinnvolle Emissionshandel wirken. Wer wirklich Klimaschutz will, sollte | |
seine Forderungen in diese Richtung lenken – statt Nebelkerzen zugunsten | |
der Atomkraft zu werfen. | |
6 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
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