| # taz.de -- Wahlen in Griechenland: Syriza will nicht koalieren | |
| > Nach der Wahl in Griechenland haben die Konservativen und Sozialisten | |
| > eine knappe Mehrheit über die Euro-Skeptiker. Alexis Tsipras kündigte an, | |
| > nicht mitzuregieren. | |
| Bild: Fast 30 Prozent Ballung: Die Faust des Chefs der radikalen Linken Alexis … | |
| ATHEN dpa | Der Sieg der konservativen Neo Dimokratia bei den | |
| Parlamentswahlen in Griechenland ist im politischen Europa und an den | |
| Finanzmärkten mit Erleichterung aufgenommen worden. | |
| „Wir hoffen, das die Wahlergebnisse rasch die Bildung einer Regierung | |
| erlauben“, erklärten EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und | |
| EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Bundeskanzlerin Angela Merkel | |
| begrüßte das gute Abschneiden der CDU-Schwesterpartei, mahnte aber zugleich | |
| die Einhaltung der „europäischen Verpflichtungen“ an. | |
| Nach Auszählung fast aller Stimmen (99,83 Prozent) kommt die Neo Dimokratia | |
| auf 29,7 Prozent, wie das Innenministerium in Athen am frühen Montagmorgen | |
| mitteilte. Zusammen mit der sozialistischen Pasok-Partei, die demnach auf | |
| 12,3 Prozent kommt, würde sie über eine Mehrheit von 162 Mandaten im 300 | |
| Sitze zählenden Parlament verfügen. | |
| Beide Parteien hatten sich grundsätzlich für eine Fortsetzung des mit der | |
| EU und dem Internationalen Währungsfonds im Gegenzug für Milliarden-Hilfen | |
| verabredeten Sparkurses ausgesprochen; eine Voraussetzung für den Verbleib | |
| des hoch verschuldeten Landes im Euro-Raum. | |
| ## Mut und Ausdauer | |
| Das radikale Linksbündnis Syriza, das eine Aufkündigung des Sparprogramms | |
| angekündigt hatte, wurde mit 26,9 Prozent der Stimmen zweitstärkste Kraft. | |
| Parteiführer Alexis Tsipras schloss aber noch am Wahlabend seine | |
| Beteiligung an einer Koalition aus. Damit könnte sich die Regierungsbildung | |
| erschweren. Die Neue Demokratie und die sozialistische Pasok hätten zwar | |
| eine Mandatsmehrheit im griechischen Parlament und könnten diese durch die | |
| Unterstützung der kleinen Demokratischen Linkspartei noch ausbauen. | |
| Der Pasok-Vorsitzende Evangelos Venizelos will aber - wie bereits am | |
| Sonntagabend angekündigt - auf eine Regierungsbeteiligung von Syriza | |
| beharren, wie am Montag aus Parteikreisen verlautete. Beobachter schlossen | |
| aber nicht aus, dass die Ansage Venizelos' eine Verhandlungstaktik sein | |
| könnte, um die griechische Öffentlichkeit zu überzeugen, dass die radikalen | |
| Linken bei der Rettung Griechenlands aus der Krise keine konstruktive Rolle | |
| spielen wollen. | |
| Bei der Europäischen Union zeigte man sich erleichtert über den | |
| Wahlausgang. „Wir begrüßen heute den Mut und die Ausdauer der griechischen | |
| Bürger“, erklärten Van Rompuy und Barroso. | |
| In einem Telefongespräch gratulierte Merkel dem Vorsitzenden der Nea | |
| Dimokratia, Antonis Samaras, zum „guten Wahlergebnis“. Wie eine | |
| Regierungssprecherin in Berlin mitteilte, habe die Kanzlerin aber auch | |
| deutlich gemacht, dass sie davon ausgehe, dass Griechenland sich an seine | |
| europäischen Verpflichtungen halte. Die Wahlbeteiligung lag bei gut 62 | |
| Prozent. | |
| ## Extrem hohe Nervosität | |
| Auch China zeigte sich vom Wahlausgang erfreut. „Wir sind überzeugt davon, | |
| dass Griechenland in der Euro-Zone bleiben sollte, um deren Integrität und | |
| Stabilität zu wahren“, sagte Vizefinanzminister Zhu Guangyao im | |
| mexikanischen Los Cabos am Vorabend des G20-Gipfels. | |
| In letzter Konsequenz ging es bei der Wahl um die Frage, ob Athen in der | |
| Eurozone bleibt oder zur Drachme zurückkehrt. Die Nervosität an den | |
| Finanzmärkten ist nicht nur wegen Griechenland, sondern auch angesichts der | |
| Probleme in Spanien und Italien extrem hoch. Nach dem Wahlsieg der | |
| griechischen Konservativen legte der Nikkei-Index in Tokio gleich nach | |
| Handelsstart deutlich zu. | |
| Samaras sagte in seiner Siegesrede, das Volk habe die Politiker gewählt, | |
| die für Wachstum und Verbleib im Euroland seien. „Griechenlands Position in | |
| Europa wird nicht mehr gefährdet sein.“ Der Chef der Neo Dimokratia lud | |
| alle politischen Kräfte ein, sich an einer Regierung der nationalen Rettung | |
| zu beteiligen. | |
| ## Kein Bündnis, lieber Opposition | |
| Sozialisten-Chef Evangelos Venizelos schlug die Bildung einer möglichst | |
| breiten Regierung aus Konservativen, Sozialisten, radikalen sowie | |
| gemäßigten Linken vor. Anos Skourletis, Sprecher der Radikallinken, | |
| bezeichnete jedoch alle Diskussionen über ein Bündnis mit Konservativen und | |
| Sozialisten als lächerlich. Parteichef Alexis Tsipras sagte, seine Partei | |
| wolle stärkste Oppositionskraft bleiben. Das Volk habe innerhalb von sechs | |
| Wochen zum zweiten Mal das Sparpaket verurteilt. | |
| Die Euro-Finanzminister erwarten von einer neuen Regierung in Griechenland | |
| eine Fortführung des vereinbarten Spar- und Reformprogramms. Sparkurs und | |
| Strukturreformen seien „Griechenlands bester Weg, die gegenwärtigen | |
| wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu überwinden“, teilte | |
| Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker am späten Sonntagabend in einer | |
| Erklärung mit. | |
| Außenminister Guido Westerwelle (FDP) bot dem hoch verschuldeten Euroland | |
| Aufschub bei der Umsetzung des Sparprogramms an. „Ich kann mir gut | |
| vorstellen, über Zeitachsen noch einmal zu reden“, sagte Westerwelle am | |
| Sonntagabend in der ARD. „Am Weg der Reformen führt kein Weg vorbei“, füg… | |
| er hinzu. | |
| ## Ein guter Tag | |
| Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler sagte, es sei „ein guter Tag für | |
| Griechenland, guter Tag für die Eurozone, guter Tag für unsere gemeinsame | |
| Währung, guter Tag für Europa insgesamt“. Nun müsse sich Athen klar zu dem | |
| Anpassungsprogramm bekennen. „Aus meiner Sicht kann es keine Rabatte auf | |
| Reformen geben“, sagte der FDP-Chef und Vizekanzler. | |
| Für Finanzminister Wolfgang Schäuble CDU) hat das mit Griechenland | |
| gemeinsam erarbeitete und vereinbarte Reformprogramm nur einen Zweck: | |
| Griechenland zurück auf den Weg wirtschaftlicher Prosperität und Stabilität | |
| zu führen. „Der Weg dorthin ist weder kurz noch leicht, aber er ist | |
| unvermeidlich. Und er eröffnet dem griechischen Volk die Perspektive auf | |
| eine bessere Zukunft“, ließ Schäuble am Sonntag in Berlin mitteilen. | |
| Bei der Parlamentswahl schnitt auch die faschistische Partei Goldene | |
| Morgenröte wieder gut ab. Sie erreichte 6,9 Prozent. Die | |
| rechtskonservativen Unabhängigen Griechen erhalten 7,5 und die gemäßigte | |
| demokratische Linke 6,2 Prozent. Die Kommunisten kommen demnach auf 4,5 | |
| Prozent. Die zweite Wahl binnen sechs Wochen war notwendig geworden, weil | |
| Gegner und Befürworter des Spar- und Reformprogramms nach der | |
| Parlamentswahl vom 6. Mai keine Mehrheit für eine Regierungsbildung finden | |
| konnten. | |
| 18 Jun 2012 | |
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