# taz.de -- G-20-Gipfel in Mexiko: Kritik an Europa | |
> Die Staats- und Regierungschefs der G 20 suchen im mexikanischen Los | |
> Cabos nach Schuldigen für die Krise. Ein bisschen arbeiten sie auch nach | |
> Lösungen. | |
Bild: Muss sich in Los Cabos so einiges anhören: Angela Merkel. Im Vordergrund… | |
LOS CABOS dpa/afp | Die führenden Volkswirtschaften der Erde (G20) nehmen | |
die Staaten der Eurozone in die Pflicht, sich für ein Ende der | |
Schuldenkrise endlich mehr anzustrengen. | |
Zum Auftakt des zweitägigen Treffens der Staats- und Regierungschefs in dem | |
Badeort an der Pazifikküste gab es gegenseitige Schuldzuweisungen. Die USA, | |
China, Indien und Südkorea zeigten sich tief beunruhigt, dass die | |
Schuldenkrise weiter schwelt und schlimmstenfalls die Weltwirtschaft | |
bedroht. Bei allem Verständnis für die Lage der Europäer überwogen doch | |
kritische Töne. | |
Stellvertretend rief Südkoreas Präsident Lee Myung Bak zu einschneidenden | |
Reformen in Europa auf. Sie seien die einzige Lösung für die | |
Schuldenprobleme – egal, wie schmerzhaft oder unpopulär sie auch seien, | |
sagte er. Das Finanzsystem der Eurozone müsse von Grund auf überholt | |
werden, um Gefahren für die Weltwirtschaft zu eliminieren. | |
Im Ton konziliant, aber in der Sache hart gaben sich auch US-Präsident | |
Barack Obama, Chinas Staatschef Hu Jintao und Indiens Premier Manmohan | |
Singh. | |
## Die Krise aus den USA | |
Einseitige Schuldzuweisungen wies Bundeskanzlerin Angela Merkel entschieden | |
zurück. Die Schuldenkrise sei eben nicht allein Problem der Europäer, auch | |
andere Wirtschaftsmächte stünden in der Pflicht, sagte sie. „Hier wird | |
jeder Kontinent seinen Beitrag leisten müssen.“ | |
Schwer verärgert war EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso: „Wir | |
lassen uns hier von niemandem belehren.“ Die Krise sei nicht von Europa | |
ausgelöst worden, sondern habe in den USA ihren Ausgang genommen. | |
Merkel und Obama trafen sich allein am Rande des Gipfels. Nach Angaben aus | |
deutschen Regierungskreisen waren sie sich einig, „dass weitere Schritte | |
zur politischen Integration“ in Europa notwendig seien. | |
Die fünf Brics-Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika – | |
warnten vor den Gefahren der Euro-Schuldenkrise und forderten „kooperative | |
Lösungen“. Die Gruppe der 20 (G20) machte sich für eine Ankurbelung der | |
Weltkonjunktur stark, wie das indische Außenministerium bekanntgab. | |
## Den Teufelskreis durchbrechen | |
Um der Kritik an ihrem Krisenmanagement zu begegnen, wollen die Euro-Länder | |
in der Abschlusserklärung eine Garantie für die Stabilität der gemeinsamen | |
Währung abgeben. „Die Mitglieder der Eurozone in der G20 werden alle | |
notwendigen politischen Maßnahmen ergreifen, um die Integrität und | |
Stabilität des Währungsraums zu sichern.“ | |
Der Teufelskreis von Staatsanleihen kriselnder Euro-Länder und | |
angeschlagenen Banken müsse durchbrochen werden, heißt es weiter. Die | |
Länder der Euro-Zone wollen sich zudem für besser funktionierende | |
Finanzmärkte einsetzen. | |
Die G20 fordern, dass die Euro-Länder mit der neuen Regierung in | |
Griechenland zusammenarbeiten müssten, um das Land am Rande des Bankrotts | |
auf Reformkurs und in der Währungsgemeinschaft zu halten. Die von Spanien | |
geplante Banken-Rekapitalisierung im Umfang von bis 100 Milliarden Euro | |
wird begrüßt. | |
Insgesamt will die G20 zur Ankurbelung der Weltwirtschaft an einem Strang | |
ziehen. „Wir werden zusammen agieren, um den Aufschwung zu stärken und | |
Spannungen an den Finanzmärkten abzubauen“, heißt es in dem Entwurf, der am | |
Dienstag verabschiedet werden soll. Die europäischen G20-Länder sagen | |
Wachstumsimpulse zu, ohne dabei den Kurs der Haushaltskonsolidierung | |
aufzugeben. | |
## Mehr Geld für den IWF | |
Im Tauziehen um die Aufstockung der Krisenmittel des Internationalen | |
Währungsfonds (IWF) haben weitere Staaten konkrete Zusagen gemacht. | |
Insgesamt seien bereits mehr als 450 Milliarden Dollar (rund 357 Milliarden | |
Euro) an neuen Geldern zugesagt worden. Das erklärte IWF-Chefin Christine | |
Lagarde am Montag (Ortszeit) beim Gipfel der führenden Industrie- und | |
Schwellenländer (G-20) im mexikanischen Los Cabos. | |
Unter anderem habe China 43 Milliarden Dollar versprochen. Indien und | |
Russland kündigten ihrerseits in Los Cabos an, jeweils zehn Milliarden | |
Dollar zur Verfügung stellen zu wollen. | |
Der IWF fordert zusätzliches Geld, um damit in der Schuldenkrise agieren zu | |
können. Die Verdopplung seiner Krisenmittel war bereits im April | |
beschlossen worden. Konkrete Zusagen wurden jedoch – unter anderem von den | |
Eurostaaten, Japan und Saudi-Arabien – zunächst nur über 340 Milliarden | |
Euro gemacht. In Los Cabos erklärten sich laut Lagarde nun zwölf weitere | |
Länder zur Unterstützung bereit, was die IWF-Kreditkapazitäten nahezu | |
verdopple. | |
Es ist der siebte G20-Gipfel seit November 2008, als die Staats- und | |
Regierungschefs erstmals zusammengekommen waren, um das Weltfinanzsystem | |
nach der Pleite der US-Investbank Lehman Brothers vor dem Zusammenbruch zu | |
bewahren. | |
19 Jun 2012 | |
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wollen. |