# taz.de -- Ärztefehler-Statistik vorgestellt: Ungezählte Beschwerden | |
> Die Bundesärztekammer stellt ihre Fehlerstatistik vor und geht von mehr | |
> als 2.000 Ärztefehlern aus. Doch Kritiker meinen, die Zahl seien viel zu | |
> niedrig. | |
Bild: Bloß nicht daneben greifen. | |
BERLIN taz | Eine falsche Diagnose vom Hausarzt, die niemand überprüft, bis | |
es zu spät ist. Oder Infektionen nach einer Operation, um die sich kein | |
Arzt kümmert. Behandlungsfehler haben im vergangenen Jahr 99 Menschen das | |
Leben gekostet. Das sagte am Dienstag Andreas Crusius, Vorsitzender der | |
Schlichtungsstellen der Bundesärztekammer. Sein Berufsverband zählte 2.287 | |
Patienten, die Schäden durch einen Ärztefehler erlitten – dreimal so viele | |
hatten sich beschwert. | |
Laut Ärztekammer werden „gut ein Viertel der vermuteten Arzthaftungsfälle“ | |
in einer Schlichtungsstelle betreut. Die anderen Patienten wenden sich an | |
den Medizinischen Dienst der Krankenkassen, Haftpflichtversicherungen oder | |
ziehen vor Gericht. 40.000 Fälle pro Jahr, heißt es. Diese Schätzung gibt | |
es seit Jahren. Überprüfen kann sie niemand, die Fälle werden nur von | |
Schlichtungsstellen gezählt und publiziert. Das Aktionsbündnis | |
Patientensicherheit spricht von 17.000 Fällen von Ärztepfusch. | |
Verbraucherschützer raten Patienten allerdings davon ab, die Hilfe der | |
Schlichter der Ärztekammern in Anspruch zu nehmen, sagt Susanne Mauersberg, | |
gesundheitspolitische Referentin beim Bundesverband der | |
Verbraucherzentralen: „Das raten wir nur denen, die kein Geld für | |
Prozesskosten haben.“ Die Gutachten würden intransparent erstellt, die | |
Erfolgschancen bei der Ärztekammer seien gering. | |
Patienten bekämen bei den Schlichtungsstellen nur Antworten auf Fragen, die | |
sie selbst stellen. Medizinische Fachdiskussionen ohne Hilfe eines Anwalts | |
seien kaum möglich. Dass die Ablehnungsquote der Beschwerden laut | |
Bundesärztekammer bei knapp 70 Prozent liegt, ist also kaum verwunderlich. | |
Wer ein negatives Schlichtungsgutachten bekommen hat, sagt Christoph | |
Kranich von der Hamburger Verbraucherzentrale, habe anschließend häufig | |
auch vor Gericht schlechte Chancen: „Wenn Gerichte überlastet sind, nutzen | |
sie vorhandene Bewertungen oder bestellen denselben Gutachter ein.“ Im | |
Entwurf des neuen Patientenrechtegesetzes steht zu dieser Problematik | |
nichts. | |
19 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Kristiana Ludwig | |
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