# taz.de -- Kommentar Rio+20: Die Finanzkrise frisst die Umwelt | |
> Die frühe, aber windelweiche Abschlusserklärung des Umweltgipfels hat | |
> einen Vorteil: Ohne hektische Verhandlerei können die Delegierten nun | |
> neue Ansätze eröffnen. | |
Im Grunde war der Rio+20-Gipfel bereits vorbei, bevor er offiziell eröffnet | |
wurde: An der windelweichen Abschlusserklärung, die Brasiliens | |
Außenminister Antonio Patriota am Dienstag per Akklamation absegnen ließ, | |
wird sich nichts Grundlegendes mehr ändern. Inmitten der Finanzkrise hat | |
die Umwelt kaum eine Chance: Berlin und Brüssel stecken ihre | |
Steuermilliarden lieber in die Rettung von Banken, als den armen Ländern | |
des Südens den ökologischen Umbau ihrer Gesellschaften zu erleichtern. | |
Aggressiv versuchen der Norden, Banken und Unternehmen, über das Paradigma | |
der Green Economy neue Geschäftsfelder zu erschließen. Die Verwässerung | |
dieses Konzepts gehört zu den wenigen erfreulichen Ergebnissen von Rio. Die | |
USA wollten gar das 1992 eingeführte Prinzip der „gemeinsamen, aber | |
differenzierten Verantwortung“ entsorgen, das die größten Verschmutzer | |
besonders in die Pflicht nimmt – theoretisch. Verständlich, dass die | |
Entwicklungsländer der G-77-Gruppe und China kaum zu Konzessionen bereit | |
waren. Selbstbewusster denn je pochen sie auf ihre Souveränität. | |
Beim Meeresschutz mussten Südamerika, die EU und die Inselstaaten eine | |
bittere Niederlage einstecken: Ein Bündnis der Bremser von den USA, Kanada | |
und Russland über Japan bis Venezuela verhinderte handfeste Fortschritte – | |
der Wille zur ungezügelten Ressourcenausbeutung kennt keine ideologischen | |
Grenzen. | |
Dass die Kluft zwischen objektivem Reformbedarf und der Einigung auf den | |
kleinsten gemeinsamen Nenner tief ist, liegt in der Natur der | |
UN-Megakonferenzen. Echte Schritte hin zu einer ökosozialen Wende lassen | |
sich viel leichter auf lokaler, regionaler und selbst nationaler Ebene | |
erzielen. So gesehen, ist die frühe Einigung auch eine Chance: Ohne die | |
hektische Verhandlerei der letzten drei Klimakonferenzen könnten sich die | |
Delegierten eher neuen Ansätzen öffnen. | |
20 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Gerhard Dilger | |
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