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# taz.de -- Finale im Kunsthaus-Streit: Tacheles gibt den Schlüssel ab
> Nach der Niederlage vor Gericht bereiten sich die verbliebenen Künstler
> auf die Räumung vor - und übergeben Klaus Wowereit symbolisch den
> Schlüssel zum Haus
Bild: War aller Protest erfolglos?
Die verbliebenen Künstler im Tacheles setzen jetzt alles auf eine Karte -
und absurderweise heißt die Klaus Wowereit (SPD). In einem am Freitag
veröffentlichten Offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister übergaben
sie ihm symbolisch den Schlüssel zu den Räumlichkeiten an der Oranienburger
Straße. Sie werfen ihm gleichzeitig vor, die alleinige Verantwortung für
das bevorstehende Aus des weltweit bekannten Kunsthauses zu tragen.
Hintergrund für die wohl finale Eskalation ist ein verlorenes
Gerichtsverfahren Mitte der Woche. Das Berliner Landgericht verurteilte die
Künstler zur Räumung der fünften Etage und mehrerer Flächen im Haus,
darunter den großen Theatersaal. "Das Kunsthaus Tacheles wird damit
nachhaltig beendet", bewerten die Künstler in ihrem Offenen Brief die
Situation.
Das Tacheles war nach dem Fall der Mauer von Ostberliner Künstlern besetzt
worden. Lange lebten und arbeiten sie dort für den symbolischen Mietpreis
von einer Mark. Inzwischen steht das Gelände unter Zwangsverwaltung durch
die HSH Nordbank; der frühere Besitzer war in eine finanzielle Schieflage
geraten. Seit Längerem laufen Räumungsklagen gegen die Künstler, vor einem
Jahr zogen die ersten gegen teils hohe Abfindungen aus dem Haus und vom
Hinterhof. Der Zwangsverwalter ließ die Flächen durch Sicherheitsleute
überwachen. Zwischen ihnen und den verbliebenen Künstlern kam es immer
wieder zu Streitigkeiten, die teilweise vor Gericht landeten. Das Kunsthaus
samt umliegender Brache soll versteigert werden. Doch Ersatz für einen
geplatzten Auktionstermin im April 2011 gibt es bisher nicht.
"Wir gehen davon aus, dass der Zwangsverwalter nun alles daran setzen wird,
auch die restlichen Flächen unter seine Kontrolle zu bringen", sagt Martin
Reiter, Sprecher des Kunsthauses. Sprich: die Künstler warten auf den
Gerichtsvollzieher und die Räumung. Deswegen würden sie ihre Werke aus den
Ateliers in Sicherheit bringen. Ansonsten ändere sich für Besucher der
Touristenattraktion wenig: das Programm werde unverändert weiter geführt,
betonte Reiter. Seinen Angaben zufolge arbeiten noch rund 70 Künstler in
dem Haus. Sie müssen sich - da ist sich Reiter relativ sicher - nun neue
Räume suchen.
Die Schuld daran trage der Regierende Bürgermeister Wowereit, so die
Künstler in ihrem Schreiben. Sie werfen Wowereit, der gleichzeitig
Kultursenator ist, eine diletantische Kulturpolitik vor und fordern seinen
Rücktritt. Er habe keinen politischen Willen gezeigt, sich für das Haus und
die unkommerzielle Kunst einzusetzen.
Die Kulturverwaltung wies dies am Freitag zurück: Man habe immer wieder
vermittelnd in den Konflikt eingegriffen und auch bei der HSH Nordbank
interveniert. "Das war kein Nichtengagement", betonte Sprecher Torsten
Wöhlert. Und sobald es einen neuen Eigentümer gebe, werde man auch mit
diesem in Kontakt treten. Der Senat sei am Erhalt des Standorts
interessiert. Wöhlert sieht das Tacheles noch nicht am Ende: Das Haus stehe
unter Denkmalschutz, dessen kulturelle Nutzung sei im Grundbuch
festgeschrieben.
22 Jun 2012
## AUTOREN
Bert Schulz
## TAGS
Klaus Wowereit
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