# taz.de -- Neuer Chef beim Bauernverband: Bald noch dickere Kartoffeln | |
> Der Bauernverband hat einen neuen Präsidenten. Der ist ein Vertreter der | |
> industriellen Landwirtschaft. Außerdem ist er der Gentechnik nicht ganz | |
> abgeneigt. | |
Bild: Es kann nur einen geben: Links am Steuer, der alte Bauernpräsident Gerd … | |
BERLIN taz | Pünktlich zur Kaffeepause ist die Wahl abgeschlossen: Joachim | |
Rukwied ist der neue Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), gewählt | |
mit 95,4 Prozent der Stimmen. Einen Gegenkandidaten gab es nicht. | |
Der 50-Jährige war zuvor Vorsitzender des baden-württembergischen | |
Landesbauernverbands. Der bisherige Präsident Gerd Sonnleitner kandidierte | |
nach 15 Jahren im Amt nicht für eine Wiederwahl. | |
Der Wechsel an der Spitze des Bauernverbands fällt in eine Zeit, in der | |
entscheidende Weichen für die Zukunft gestellt werden. Die EU-Mitglieder | |
debattieren über die gemeinsame Agrarpolitik ab 2014 sowie die Zulassung | |
gentechnisch veränderter Pflanzen. In Deutschland wollen die Landwirte als | |
Erzeuger von Biomasse von der Energiewende profitieren. | |
## Signal der Einheit | |
Rukwied selbst ist Inhaber eines rund 300 Hektar großen Hofs, nach | |
baden-württembergischen Maßstäben viel Fläche, aber kleiner als die | |
Großbetriebe in Ostdeutschland. Seine Kandidatur gilt damit als Kompromiss | |
– der auch ein Signal der Einheit sein soll. Denn der Verband ringt seit | |
Jahren um den inneren Zusammenhalt. | |
Nicht nur zwischen den Großbetrieben im Osten und den bäuerlichen Betrieben | |
etwa in Bayern gibt es Interessenkonflikte. Der Bund deutscher | |
Milchviehhalter, der Ende der 90er Jahre gegründet wurde, vertritt nach | |
eigenen Angaben mittlerweile ein Drittel der Milcherzeuger, auch bei der | |
Vertretung von Tierhaltern und Fleischproduzenten gibt es Konkurrenz. Er | |
werde dafür kämpfen, dass der Verband die maßgebliche Vertretung der | |
Landwirte bleibe, sagte Rukwied unmittelbar nach seiner Wahl. | |
„Ich glaube, dass er die Linie der Wachstums- und | |
Industrialisierungslandwirtschaft offen vertreten wird“, sagt | |
Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, Vorsitzender der | |
Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. Bis Ende 2013 sollen auf | |
EU-Ebene Entscheidungen über die künftige Gestaltung der gemeinsamen | |
Agrarpolitik fallen. Die Vorschläge – allen voran, dass Bauern sieben | |
Prozent ihrer Äcker als Öko-Ausgleichsfläche ausweisen müssen, wollen sie | |
volle Direktzahlungen bekommen – stoßen beim Bauernverband auf Widerstand. | |
Mit Rukwied wird das nicht anders sein – eher im Gegenteil. So kritisierte | |
er kürzlich auf einer Mitgliederversammlung des Landesbauernverbands die | |
Pläne der EU – sie würden einer steigenden Nachfrage nach Nahrung und | |
Energie widersprechen. Beim Thema Gentechnik forderte Rukwied „keine | |
Scheuklappen“ – und stellt sich damit gegen Agrarministerin Ilse Aigner | |
(CSU), die sich für eine Nulltoleranzgrenze bei Lebensmitteln ausspricht. | |
27 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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