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# taz.de -- Doku „Taste the Waste“: Jenseits der Öko-Elite
> Der WDR zeigt die Erfolgsdokumentation „Taste the Waste“ (5.7., 23.30
> Uhr). Darin ist in nüchternen Bildern die Verschwendung an Lebensmitteln
> zu sehen.
Bild: Ist es Essen oder Müll? Szene aus „Taste the Waste“.
Gesundes Brot, das verheizt wird. Frisches Obst, das in der Müllpresse
eines französischen Supermarktes zerquetscht wird. Kartoffeln, die auf dem
Acker in Deutschland liegen bleiben, weil sie zu dick für die Handelsnorm
sind.
Es sind Bilder, die nicht unserem Selbstbild entsprechen. Alle reden von
Nachhaltigkeit, dieser Film zeigt, wie es wirklich ist: 90 Millionen Tonnen
Lebensmittel werden allein in der EU jährlich als Abfall entsorgt.
Die Dokumentation „Taste the Waste“ ist eine ruhige filmische Montage aus
intensiven Kurzinterviews und Momentaufnahmen. Es gibt keinen Off-Kommentar
und kaum Musik. Der Film kommt ohne moralische Attitüde aus, zeigt in
seinen stärksten Momenten lapidar, wie aus makellosen Lebensmitteln
Wohlstandmüll wird.
## Eine Wegwerfgesellschaft
Dokumentiert wird die Logik des Wegwerfens in den Wohlstandsländern. Je
mehr weggeworfen wird, desto höher die Nachfrage und Lebensmittelpreise.
Durch das Wegwerfen wird eine Preiserhöhung ausgelöst, die indirekt als
Hunger bei den Ultraarmen weltweit ankommt, die diese Preise nicht zahlen
können. Von diesem Spiel profitieren Rohstoff-, Energie- und Agrarmärkte
sowie Foodindustrie.
Lebensmittel werden in der sogenannten Wohlstandswelt immer weniger
wertgeschätzt. So kennen die meisten Konsumenten nicht den Unterschied
zwischen Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchsdatum, was dazu führt, dass
noch mehr weggeworfen wird. Das einträgliche Spiel mit dem juristisch nicht
bindenden Mindesthaltbarkeitsdatum wird in „Taste the Waste“ als perverse
Strategie der Handelskonzerne entlarvt.
Das Ganze funktioniert prächtig, weil jenseits der Öko-Elite das Gros der
Verbraucher sich kaum für die Herkunft und Entstehung von Lebensmitteln
interessiert. Wer wirklich auswählen will, muss kundig sein. Der Film zeigt
den Kontext von scheinbarer Produktfülle und romantischen
Produktvorstellungen, die realitätsfern sind und vom Food-Marketing
gefüttert werden. Die verführerische Produktvielfalt der Supermärkte
erscheint als Illusion. Sie belastet das Klima und verschwendet Rohstoffe.
## Suchen im Müll
Der Film zeigt aber auch Alternativen und Gegenbewegungen wie Urban Farming
in den USA oder zwei Aktivisten aus Wien, die weggeworfenes Gemüse sammeln
und so ein Zeichen gegen Verschwendung setzen wollen. Doch wenn die
Slow-Food-Ikone Carlo Petrini im Film sagt, dass wir uns mehr mäßigen
sollen, wirkt das nur pathetisch. Solche Appelle bewirken im praktischen
Verhalten kaum etwas.
„Taste the Waste“ war mit über 120.000 Zuschauern der meistgesehene
Dokumentarfilm 2011. Er wurde mit Preisen überhäuft und fand eine starke
mediale Beachtung, aber hat er darüber hinaus etwas bewirkt? Kaum: Es fand
nur eine kurze Debatte um das Mindesthaltbarkeitsdatum statt, die von der
Politik erst aufgenommen wurde und dann versandete.
## „Taste the Waste“, WDR, 5.7., 23.30 Uhr
5 Jul 2012
## AUTOREN
Till Ehrlich
## TAGS
Lebensmittel
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