# taz.de -- Bier angeblich falsch deklariert: Coronas Pfandflaschentrick | |
> Einweg oder Mehrweg? In Deutschland steiten sich eine Brauerei und ein | |
> Umweltverband über eine mexikanische Bierflasche. Unökologisch wäre sie | |
> allerdings in beiden Fällen. | |
Bild: Maisbier dem sogar auch Reis beigemengt wird. Na dann: Prost! | |
BERLIN taz | Eine farblose, transparente Glasflasche, blau-weißes Etikett, | |
durch das die goldfarbene Flüssigkeit hindurchschimmert. Neu sieht die | |
Flasche des Importbiers Corona Extra aus, ohne Spuren von Förderbändern, | |
die sie durch die Abfüllanlagen transportieren oder kleine Macken, wie es | |
bei Mehrwegflaschen üblich ist. | |
Die fehlenden Gebrauchsspuren hätten tatsächlich den Ausschlag zu | |
Nachforschungen gegeben, sagt Jürgen Resch, Geschäftsführer der | |
[1][Deutschen Umwelthilfe] (DUH). Denn die Brauerei Radeberger verkauft das | |
Bier mit dem Mehrweg-Pfandsatz von acht Cent pro Flasche. „Dabei ist das | |
keine wiederbefüllte Flasche“, sagt Resch. Mehrere hundert habe man unter | |
die Lupe genommen, alle seien wie neu gewesen. Auf dem Etikett ist die | |
Kennzeichnung sparsam. „Pfandflasche“ steht drauf – ob in der Einweg- oder | |
Mehrwegvariante, lässt es offen. | |
Seit 2003 gilt in Deutschland die Pfandpflicht. Den Grundstein dafür legte | |
bereits die 1991 unter der damaligen schwarz-gelben Regierung beschlossene | |
Verpackungsverordnung. Sie sah vor, dass im Getränkebereich mindestens 72 | |
Prozent der Produkte in Mehrwegverpackungen verkauft werden müssen, sonst | |
drohte ein verpflichtendes Pfand für Einwegverpackungen. | |
Das sollte deren Einkauf teurer und damit unattraktiver machen und habe | |
zumindest teilweise auch gut funktioniert, so die DUH. Etwa bei kleinen | |
Flaschen, wo der Preisunterschied durch das höhere Einwegpfand von 25 Cent | |
so deutlich sei, dass die Verbraucher tatsächlich vermehrt zu | |
Mehrwegflaschen griffen. | |
Die DUH wirft der Brauerei nun vor, sich mit der Mehrweg-Kennzeichnung | |
einem Vorteil zu schaffen. Der Kunde sehe im Supermarkt erst einmal, dass | |
er für einen Kasten vier Euro weniger zahlen müsse als für die | |
Einweg-Konkurrenz. Dazu komme ein Marktvorteil bei Verbrauchern, die | |
bewusst Getränke in Mehrwegflaschen kaufen wollen. „Hier wird ein | |
ökologisches Image bedient, das die Flasche nicht einlöst“, kritisiert | |
Resch. | |
## Der Deutschen Premiumanspruch | |
Radeberger weist die Vorwürfe zurück, sie „entbehren jeder Grundlage“. | |
Jährlich würden „hohe sechsstellige Beträge“ in das Mehrwegsystem | |
investiert. Denn die Flaschen würden in Mexiko abgefüllt, nach der Rückgabe | |
dorthin zurücktransportiert und wieder aufgefüllt. Die befüllten Flaschen | |
landeten nur nicht wieder in Deutschland, schließlich habe man einen | |
„Premiumanspruch“. Dazu gehöre der Einsatz von Neuglas. | |
Die DUH bezweifelt das. Eine Recherche bei dem mexikanischen Produzenten | |
Grupo Modelo habe ergeben, dass die leeren Flaschen nicht zurückgeschickt | |
würden. Eine Anfrage der taz bei der Brauerei bliebt am Mittwoch | |
unbeantwortet. Die DUH kündigte an, mittels Unterlassungserklärung einen | |
Vertriebsstopp zu verlangen „solange die Kennzeichnung nicht stimmt“. | |
Sollte sich herausstellen, dass die Flaschen tatsächlich nicht | |
wiederbefüllt werden, würde der Hersteller auch eine Ordnungswidrigkeit | |
begehen. Denn die Verpackungsverordnung sieht vor, dass Einwegflaschen | |
gekennzeichnet werden müssen. Die Flaschen immer wieder hin- und | |
herzutransportieren, fordert Resch ohnehin nicht. „Das wäre ökologischer | |
Blödsinn.“ | |
5 Jul 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.duh.de/home.html | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
## TAGS | |
Mehrweg | |
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