# taz.de -- Verfahren gegen Wisniewski vor Einstellung: Keine neue Prozesswelle… | |
> Bei den Vorbereitungstreffen der RAF zum Buback-Mord war neben Becker | |
> noch rund ein Dutzend Personen anwesend. Wegen bloßer Beihilfe sollen sie | |
> aber nicht angeklagt werden. | |
Bild: Stefan Wisniewski im März 2011 auf dem Weg ins Stuttgart Landgericht. | |
STUTTGART taz | Wird dem Urteil gegen Verena Becker nun eine Reihe anderer | |
Prozesse wegen des Buback-Mordes folgen? Verena Becker wurde im | |
Wesentlichen vorgeworfen, dass sie sich bei der RAF-internen | |
Beschlussfassung vehement für das Attentat eingesetzt habe. Das haben | |
andere damalige RAF-Mitglieder aber auch getan. | |
Peter-Jürgen Boock sagte als Zeuge im Prozess, die Gruppe habe nicht von | |
Becker überzeugt werden müssen, alle seien dafür gewesen. Er selbst habe | |
sich zum Beispiel genauso vehement für den Mordplan ausgesprochen wie | |
Becker. Besprochen wurde der Plan bei zwei RAF-Vorbereitungstreffen im Harz | |
und in Holland. Anwesend waren damals rund ein Dutzend Personen. Die | |
meisten von ihnen standen im Zusammenhang mit dem Buback-Mord noch nicht | |
vor Gericht. | |
Dennoch gibt es in der Bundesanwaltschaft (BAW) keine Pläne, nun gegen alle | |
Teilnehmer der Treffen Ermittlungen aufzunehmen. Zum einen halten die | |
Ankläger an der Position fest, dass sich Becker mehr als andere für das | |
Attentat eingesetzt habe. Zum anderen käme auch bei anderen damaligen | |
RAF-Mitgliedern – selbst wenn sie sich besonders intensiv eingesetzt hätten | |
– nur eine Strafe wegen Beihilfe in Betracht. In solchen Fällen könne man | |
ein Ermittlungsverfahren auch wieder einstellen. | |
Auch gegen die RAF-Aussteiger, die nach der Wiedervereinigung in der DDR | |
entdeckt wurden, war nur dann Anklage erhoben worden, wenn ihnen | |
Mittäterschaft an Morden vorgeworfen wurde, also nicht bloße Beihilfe. | |
## Die Theorien der schützenden Hand | |
Für Verena Becker dürften solche Überlegungen wohl eher seltsam klingen. | |
Hätte die Bundesanwaltschaft ihren Tatbeitrag zum Buback-Mord von Beginn an | |
als Beihilfe eingestuft, dann wäre ihr der ganze Prozess erspart geblieben. | |
Die Vermutung liegt nahe, dass es ohne den massiven öffentlichen Druck, den | |
Nebenkläger Michael Buback aufbaute, wohl gar nicht zur Anklage gekommen | |
wäre. Sie diente der Bundesanwaltschaft nicht zuletzt dazu, Michael Bubacks | |
Theorien von einer „schützenden Hand“ des Staates zu widerlegen. | |
Offen ist noch das Ermittlungsverfahren gegen Ex-RAF-Mitglied Stefan | |
Wisniewski. Er wird von der BAW seit 2007 als Schütze des Buback-Mordes | |
verdächtigt. Dieses Verfahren wurde durch Aussagen von Peter-Jürgen Boock | |
ausgelöst, der gehört haben will, dass Wisniewski der Schütze ist. Auch | |
Verena Becker hatte gegenüber dem Verfassungsschutz Anfang der 80er-Jahre | |
Wisniewski als Schützen angegeben. | |
Woher beide ihr Wissen haben, ist unklar. Außerdem gibt es so gut wie keine | |
Spurenbeweise gegen Wisniewski. Es liegt nur ein DNA-Fragment an einem | |
Kleidungsstück vor, das mit der Tat in Verbindung steht. Die Beweiskraft | |
dieser Spur wird aber auch von der Bundesanwaltschaft als nicht ausreichend | |
eingestuft. Vermutlich wollte sie nur abwarten, ob der Becker-Prozess neue | |
Erkenntnisse bringt. Das war nicht der Fall. Daher wird die BAW wohl auch | |
das Verfahren gegen Wisniewski bald einstellen. | |
6 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
## TAGS | |
Rote Armee Fraktion / RAF | |
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