# taz.de -- Parlamentswahlen in Libyen: Eine Stimme, frei gewählt | |
> „Ich bin sicher, die Zukunft wird gut.“ In Libyen feien die Menschen die | |
> ersten freien Wahlen nach 40 Jahren Gaddafi-Herrschaft. Doch mehrere | |
> Wahllokale mussten nach Sabotageakten schließen. | |
Bild: Sieg der Freiheit: Frauen in Bengasi warten darauf, ihre Stimme abgeben z… | |
TRIPOLIS afp/rtr | Als am Morgen die erste Frau in Tripolis ihre Stimme in | |
eine Urne warf, war aus dem umfunktionierten Schulgebäude „Allahu akbar“ | |
zur hören („Gott ist groß“). In Libyen haben am Samstag die [1][ersten | |
Parlamentswahlen] seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Muammar | |
al-Gaddafi begonnen. | |
Vielerorts war die Stimmung überschwänglich. Viele Libyer hatten | |
Freudentränen in den Augen. „Ich kann das Gefühl gar nicht beschreiben. Wir | |
haben den Preis dafür bezahlt, wir haben zwei Märtyrer in der Familie“, | |
sagte eine 50-jährige Lehrerin, die erstmals in ihrem Leben frei wählte. | |
„Ich bin sicher, die Zukunft wird gut sein, Libyen wird Erfolg haben.“ | |
Vor Wahllokalen in der Hauptstadt Tripolis bildeten sich bereits am Morgen | |
Schlangen. Rund 2,7 Millionen Wahlberechtigte hatten sich auf die Liste für | |
die Wahl zur Nationalversammlung setzen lassen. | |
Nach einem komplizierten Proporzverfahren werden insgesamt 200 Mandate | |
vergeben, für die sich mehr als 3.700 Kandidaten bewerben. Das Parlament | |
soll eine neue Regierung benennen und die Wahl einer 60-köpfigen | |
Verfassungskommission vorbereiten. | |
## Stimmzettel brennen | |
Der Wahlgang wurde in mehreren Regionen erheblich gestört, vor allem im | |
Osten des Landes. So wurden in Adschdabija, 160 Kilometer südwestlich von | |
Bengasi, nach Angaben von Behördenvertretern mehrere Wahllokale nicht | |
geöffnet. Am Donnerstag waren dort bei einem Brandanschlag die Stimmzettel, | |
Wählerlisten und Wahlurnen vernichtet worden. | |
Auch in Wüstenstädten wie Dschalo und Odschla im Südosten des Landes | |
mussten Wahllokale nach offiziellen Angaben geschlossen bleiben, weil die | |
Wahlunterlagen in einem Flugzeug auf der Landebahn von Sueitina von | |
Demonstranten blockiert wurden. | |
Insgesamt sind mehr als einhundert Wahllokale aus Sicherheitsgründen nicht | |
geöffnet worden. Aufgrund von Sabotageakten seien 101 von 1554 Wahllokalen | |
am Samstag geschlossen geblieben, teilte die Wahlkommission in der | |
Hauptstadt Tripolis in der Mittagszeit mit. 94 Prozent der Wahllokale seien | |
geöffnet, sagte der Chef der Wahlkommission, Nuri al-Abbar. | |
## Ergebnisse ab Montag oder Dienstag | |
Der Vorsitzende des Übergangsrates, Mustapha Abdeldschalil, sagte bei der | |
Stimmabgabe in Baida, die Lage sei „ausgezeichnet“. Die Wahllokale sollen | |
bis 20 Uhr MESZ geöffnet bleiben. Mit Ergebnissen rechnet die | |
Wahlkommission „ab Montag oder Dienstag“. | |
Das nordafrikanische Land war mehr als vier Jahrzehnte lang autoritär von | |
Gaddafi regiert worden, der nach einem Aufstand im vergangenen Jahr auf der | |
Flucht getötet wurde. Ähnlich wie in Tunesien und Ägypten dürften Experten | |
zufolge auch in Libyen vor allem islamistische Parteien bei der Wahl zum | |
Zuge kommen. | |
7 Jul 2012 | |
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