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# taz.de -- Versicherungsprämien für Hebammen: Freie Geburtshilfe wieder mög…
> Der Kampf der freiberuflichen Hebammen hat sich gelohnt:
> Geburtshelferinnen müssen zwar höhere Versicherungen zahlen. Aber die
> Kassen übernehmen einen Teil davon.
Bild: Hat gewirkt: Protestaktion der Hebammen am 29.6.2012 vor dem Kanzleramt.
BERLIN taz | Freiberufliche Hebammen haben einen Teilsieg errungen: Die
gesetzlichen Krankenkassen beteiligen sich künftig an den Kosten für ihre
Berufshaftpflichtversicherung. Darauf einigten sich am Montagabend die
Hebammenverbände und der Spitzenverband der Gesetzlichen Kranken- und
Pflegekassen (GKV).
Die Einigung gilt rückwirkend zum 1. Juli. An diesem Tag waren die
Versicherungsprämien für die freien Geburtshelferinnen stark angestiegen.
Betroffen sind rund 2.700 freie Hebammen, die aktiv bei der Geburt helfen
und nicht nur in der Vorsorge oder bei der Betreuung nach der Niederkunft
tätig sind.
Diese Geburtshelferinnen müssen seit Anfang dieses Monats je nach
Versicherungsanbieter rund 4.200 Euro jährlich für die Berufshaftpflicht
zahlen, etwa 500 Euro mehr als zuvor. Jetzt wollen die Krankenkassen die
Differenz zwischen der alten und der neuen Summe „zu hundert Prozent“
übernehmen, sagte GKV-Vizesprecherin Ann Marini zur taz.
Die Hebammen waren auf die Barrikaden gegangen, weil die Kassen die Prämien
für die Berufshaftpflicht innerhalb von nur zwei Jahren zum zweiten Mal
kräftig erhöhten: von rund 2.400 Euro im Jahr 2010 auf 3.700 Euro und
schließlich auf 4.200 Euro. Bereits im Jahr 2010 übernahmen die
Krankenkassen die Kosten für die erhöhten Ausgaben, nachdem die Hebammen
monatelang protestiert und eine Onlinepetition gestartet hatten.
Die Versicherer begründen die erhöhten Kosten unter anderem damit, dass
immer mehr ältere Frauen komplizierte Schwangerschaften und Entbindungen
hätten. Die Schadenssummen belaufen sich nach Angaben des Deutschen
Hebammen Verbandes (DHV) in seltenen Fällen auf bis zu 5 Millionen Euro.
## 20 Prozent der Freien ausgestiegen
Seit 2010 sind nach Angaben des Hebammen-Verbands rund 20 Prozent der
Freien aus der aktiven Geburtshilfe ausgestiegen – nicht zuletzt wegen der
teuren Berufshaftpflicht. Sie bieten jetzt vor allem
Schwangerschaftsvorsorge und Nachbetreuung an.
Durch die jüngste Einigung von Montagabend erhalten Geburtshelferinnen für
eine Entbindung im Geburtshaus jetzt 25,60 Euro mehr und für eine
Hausgeburt zusätzlich 78 Euro. Die Krankenkassen beziffern die für sie
entstehenden Mehrausgaben mit 1,7 Millionen Euro im Jahr.
Bei den monatelangen Verhandlungen zwischen Hebammen und GKV-Spitzenverband
ging es aber nicht nur um die Kostenübernahme der erhöhten
Versicherungsprämien. Strittig war auch, ob die Krankenkassen
Betriebskostenpauschalen für Geburtshäuser und Materialkosten bezahlen
sollen. Darüber hinaus fordern die Hebammen mehr Honorar.
Letzteres wurde am Montag ebenfalls debattiert. Der GKV-Spitzenverband hat
eigenen Aussagen zufolge den Hebammen eine Honorarerhöhung von 10 Prozent
angeboten. Die haben die Hebammenverbände abgelehnt. „Das ist zu wenig“,
sagt Katharina Jeschke, Beirätin im DHV. Der Stundensatz einer Hebamme
beträgt laut der Organisation 7,50 Euro. Der Verband fordert 10 Euro und
will jetzt die Schiedsstelle anrufen.
Auch der aktuelle Kompromiss sei „unzureichend und ungerecht“, sagte
Jeschke zur taz. Die Summe von 1,7 Millionen Euro werde pauschal auf alle
3.000 aktiven Geburtshelferinnen verteilt – egal wie viele Geburten diese
tatsächlich durchführen.
Profitieren würden von der neuen Regelung Hebammen mit vielen Geburten,
beispielsweise in Ballungsgebieten. Geburtshelferinnen auf dem Land mit
wenigen Entbindungen würden bestraft. Deren Zahl werde weiter sinken,
warnte Jeschke: „Wenn Frauen es dann nicht bis zum nächsten Krankenhaus
schaffen, müssen sie ihr Kind auf der Straße bekommen.“
In Deutschland arbeiten insgesamt etwa 8.000 Hebammen. Rund 98 Prozent der
jährlich 680.000 geborenen Babys kommen in Krankenhäusern zur Welt.
10 Jul 2012
## AUTOREN
Simone Schmollack
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