# taz.de -- Kommentar Hebammen: Der Gesundheitsminister lügt | |
> Der Gesundheitsminister behauptet, es gebe eine flächendeckende | |
> Versorgung bei der Geburtshilfe. Doch in vielen Regionen müssen | |
> Schwangere 45 Minuten zum Kreißsaal fahren. | |
Bild: Ob in der Klinik, zu Hause oder im Geburtshaus, am Ende landen sie alle i… | |
Seit Freitag sind es nicht mehr nur Hebammen, die von den Krankenkassen | |
eine angemessene Vergütung ihrer Arbeit fordern – sondern auch das | |
Bundesgesundheitsministerium. Das hatte sich zuvor jahrelang geweigert, | |
sich der Probleme anzunehmen, die den Hebammen vor allem die hohen | |
Haftpflichtprämien bereiten. | |
Mit der Veröffentlichung der Studie zur außerklinischen Geburtshilfe am | |
Freitag hat der Gesundheitsminister immerhin ein Signal in Richtung der | |
Kassen gesendet. | |
Doch selbst wenn diese sich davon erweichen lassen sollten: Für Daniel Bahr | |
beginnt die Arbeit erst. Denn die schlechte Bezahlung der Hebammen und die | |
mangelnde Unterstützung für ihre Belange zeigen ja nur, wie schlecht es | |
insgesamt um die Geburtshilfe in Deutschland steht. Wenn das Ministerium | |
behauptet, „eine flächendeckende und wohnortnahe Versorgung ist in der | |
Regel gewährleistet“, dann ist das eine dreiste Lüge. | |
In der Studie ist der Rückgang der Geburtsstationen an Kliniken vermerkt. | |
Weil die so wenig lukrativ sind, gibt es schon jetzt Regionen, in denen | |
Schwangere eine Dreiviertelstunde und mehr zum nächsten Kreißsaal fahren | |
müssen. Von einer freien Wahl des Geburtsortes kann auf dem Land mangels | |
Geburtshäusern ohnehin keine Rede sein. | |
Und selbst in Städten müssen sich Schwangere möglichst vor der Empfängnis | |
bei Hebammen anmelden. Reden müsste man auch über die häufig schlechte | |
Versorgung in Kliniken. Schuld ist vor allem eine Geburtskultur, deren | |
Prämisse nicht ist, dass eine Frau gebären kann – sondern dass sie | |
scheitert. | |
Dass es dem Gesundheitsministerium herzlich egal ist, wie Menschen zur Welt | |
kommen, hat es im März mit einer erschütternd sachkenntnisfreien Antwort | |
auf eine Grünen-Anfrage im Bundestag zu den jährlich steigenden | |
Kaiserschnittraten bewiesen. | |
5 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Eiken Bruhn | |
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