Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Umschulung von Hartz IV-Empfängern zu Erziehern: "Angriff auf die …
> Wenn die Arbeitsagentur Hartz-IV-Empfänger zu Erziehern ausbildet,
> fürchten Kritiker einen Qualitätsverlust. Trotzdem überlegen
> Niedersachsen, Hamburg und Bremen, sich am Programm zu beteiligen
Bild: Erzieher in der Kita: Nun sollen Langzeitarbeitslose diese Jobs übernehm…
HANNOVER taz | Gibt Niedersachsen seine Verweigerungshaltung auf? Bislang
sperrt sich die Landesregierung gegen eine finanzielle Beteiligung an dem
angekündigten Programm der Bundesagentur für Arbeit, 5.000
Langzeitarbeitslose zu Erziehern auszubilden. Die Agentur will die ersten
zwei Jahre der dreijährigen Umschulung bezahlen, die Länder müssten für das
letzte Jahr finanziell gerade stehen.
Da in Niedersachsen die Erzieherausbildung aber auf vier Jahre angelegt
ist, sei eine Beteiligung nicht möglich, hieß es bislang aus dem
Kultusministerium. „Uns ist wichtig, am Qualitätsanspruch der
Erzieher-Ausbildung festzuhalten“, sagt dessen Sprecherin Corinna Fischer.
Allerdings wird nach Informationen der taz in Hannover hinter den Kulissen
darüber nachgedacht, die Vierjahres-Ausbildung um ein Jahr abzuspecken.
„Eine Umschulung muss kürzer sein als die eigentliche Ausbildung“, sagt
auch Michael Köster, Sprecher der Arbeitsagentur in Niedersachsen. Das Land
und seine Agentur seien jedoch dabei, „eine Einigung zu finden“.
„Ein Ergebnis dieser Gespräche gibt es noch nicht“, sagt
Kultusministeriumssprecherin Fischer: „Wir sind aber zuversichtlich, dass
es gut ausgehen wird.“
Kritiker jedoch warnen vor einer „Schmalspurausbildung“, sollte ein
Ausbildungsjahr wegfallen. Für Renate Zimmer, Direktorin des
Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung, würde eine
Ausbildungsverkürzung „ein Angriff auf die Professionalität der
Erzieherinnen und Erzieher“ bedeuten. Die Pädagogen hätten in den letzten
Jahren immer neue Aufgaben übernommen und müssten besser darauf vorbereitet
werden. Das wäre „in einer verkürzten Ausbildung nicht gegeben“, befürch…
Zimmer.
Derzeit sind 726 arbeitslose Erzieher in Niedersachsen registriert, denen
stehen 580 offene Stellen gegenüber. „Wir steuern auf einen Engpass zu“,
warnt Köster: „Fallen weniger als drei Bewerber auf eine Stelle, können wir
von einem Mangel sprechen.“ Diese Situation werde sich noch erheblich
verschärfen, wenn 2013 der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für
Einjährige in Kraft trete.
Anders als Niedersachsen haben Bremen und Hamburg erste Signale
ausgesendet, sich an dem Umschulungsprogramm zu beteiligen und die Kosten
für das dritte Umschulungsjahr zu tragen. Rund 100 Langzeitarbeitslose
könnten in Hamburg umgeschult werden, heißt es aus der Agentur für Arbeit.
Erste Gespräche werden derzeit mit der Sozialbehörde geführt.
„Es ist sinnvoll, dass sich Hamburg an der Finanzierung der Umschulung
beteiligt, wenn diese die gleichen Qualitätsstandards hat wie eine
Erzieherausbildung“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete der Hamburger
Linken, Tim Golke. Die Frage aber sei, wo diese Ausbildung überhaupt
stattfinden könne. „Die Ausbildungskapazitäten in Hamburg sind total dicht,
ohne Zubauten ist da kein Spielraum“, sagt der Abgeordnete. Und ohnehin sei
eine Umschulung von 100 Hartz-IV-Empfängern nur „ein Tropfen auf den heißen
Stein“. Laut der Linken fehlen in Hamburg „2.000 ErzieherInnen, um den
geplanten Kita-Ausbau zu wuppen“, der durch die forcierte Ganztagsbetreuung
an den Schulen und den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz notwendig wird.
Derzeit sind über 10.000 PädagogInnen allein in Hamburger Kitas beschäftigt
– bereits bestehende Personalengpässe werden zunehmend durch
MitarbeiterInnen von Zeitarbeitsfirmen ausgeglichen. Nach Auskunft des
Senats auf eine Anfrage der Linken stieg die Zahl der pädagogischen
Fachkräfte, die bei Leiharbeitsunternehmen angestellt sind zwischen 2009
und 2011 um fast 20 Prozent: von gut 600 auf über 700 Personen. „Kinder
brauchen feste und qualifizierte Bezugspersonen – Leiharbeit vermindert
deshalb die Qualität frühkindlicher Bildung“, sagt Golke.
12 Jul 2012
## TAGS
Erzieherinnen und Erzieher
## ARTIKEL ZUM THEMA
„Mehr Hände für Hamburger Kitas“: Erzieher dringend gesucht
Eine neue Volksinitiative streitet für eine bessere Erzieher-Kind-Quote in
den Kitas. Doch die Sozialsenatorin hält die Forderungen für unrealistisch.
Quereinsteiger in sozialen Berufen: Erst Journalistin, dann Erzieherin
In den sozialen Berufen fehlt der Nachwuchs, daher sind Quereinsteiger
willkommen. Doch die Finanzierung des Umstiegs ist heikel, die Regelungen
sind uneinheitlich.
Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger: Nur bei fünf Prozent straft das Amt
Frauen, auch solche ohne Kinder, werden seltener vom Jobcenter sanktioniert
als Männer, ergab eine Studie. Warum das so ist, geht aus der Untersuchung
nicht hervor.
Lücken bei der Kinderbetreuung: „Immense Beschäftigungsreserven“
Bundesweit fehlen 15.000 ErzieherInnen, sagt die Bertelsmann-Stiftung. Sie
fordert: Mehr Voll- statt Teilzeit. Momentan arbeiten 60 Prozent in
Teilzeit.
Streit um Uni-Ausbildung für Erzieher: Bachelor im Windelnwechseln
Sollen mehr Erzieher an Hochschulen ausgebildet werden? In den meisten
europäischen Ländern ist es so üblich. In Deutschland streiten sich die
Experten.
Bremen bekommt Privatisierungsbremse: Nicht ohne den Bürger
Ohne Volksentscheid darf der Bremer Senat keine Unternehmen mehr verkaufen.
Das dementsprechende Gesetz ist ein Novum für deutsche Landesverfassungen.
Die Pädagogik per Umschulung: Mehr als Schmalspur
An den Qualitätsstandards der ErzieherInnen-Ausbildung darf nicht gerüttelt
werden, trotz PädagogInnenmangel. Der kann nur durch bessere Bezahlung
beseitigt werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.