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# taz.de -- Kommentar Privatisierungsbremse Bremen: Ideologiewende an der Weser
> In den 90ern hat der Stadtstadt Bremen privatisiert, was das Zeug hält.
> Inzwischen hat er begriffen, welchen Schaden die Privatisierung
> angerichtet hat.
Bild: Kostet nicht nur Rohstoffe, sondern eine ganze Menge Geld: Wasser
Bremen beschließt eine „Privatisierungsbremse“. In den 1990ern hat die
Stadt die Strom- und Gaswerke verkauft, die kommunalen Stadtwerke, die
Wohnungsbaugesellschaften, die Wasserversorgung, das stadteigene Datennetz.
Nur eklatant unrentable Betriebe wie der kleine Stadt-Flughafen oder der
Öffentliche Nahverkehr blieben damals von der Privatisierungswelle
verschont.
Für die Verkäufe gab es zwei Gründe: Einmal hatten die Stadtväter den
Eindruck, dass die kommunalen Betriebe ineffizient geführt würden und die
Hoffnung: Private können das besser. Zweitens wollte Bremen investieren und
sozusagen eine Stadtstaaten-Konjunktur ankurbeln – unabhängig von dem
wirtschaftlichen Umfeld.
Inzwischen hat sich allerdings auch bei den Politikern herumgesprochen,
dass auch private Träger schlecht wirtschaften können. Der Wind hat sich
gedreht, Privatisierungen gelten heute als Problem. Stichwort bezahlbarer
Wohnraum. Heute fehlt es der Kommune an wohnungsbaupolitischen
Instrumenten.
Die ehemals kommunale Gesellschaft „Bremische“ ist verscherbelt und
interessiert sich nur noch für ihre Rendite. Oder die Stadtwerke. Sie sind
an die Oldenburger EWE verkauft worden – die sich in der Türkei und im
Osten verzockt hat und deswegen jetzt in Bremen Arbeitsplätze
wegrationalisieren will. Das Geld, solche Betriebe wieder zurückzukaufen,
hat keine Kommune in Deutschland, auch Bremen nicht.
## Vorratsbeschlüsse für andere Mehrheiten
Mit der Privatisierungsbremse wäre der Ausverkauf der öffentlichen
Daseinsvorsorge in den 1990er Jahren vermutlich nicht passiert – aber nun
kommt sie zu spät. Da ist kaum noch etwas zu verkaufen.
Oder doch? Beschlüsse wie den, die „Privatisierungsbremse“ in die
Landesverfassung aufzunehmen, lassen sich politisch nur durchsetzen, wenn
sie scheinbar irrelevant sind. Rot-grün könnte mit seiner
Zweidrittelmehrheit im Bremer Landesparlament auch ohne die
Verfassungsänderung jede Privatisierung blockieren. Es sind sozusagen
„Vorratsbeschlüsse“ für schlechtere Zeiten und andere Mehrheiten.
In Zeiten der großen Verkaufswut gerieten zwei kommunale Beteiligungen
nichts ins Visier: die Wohnungsbau-Gesellschaft „Gewoba“ (ehemals Neue
Heimat), in der sich zigtausend Wähler vor den Miethaien sicher fühlen und
die selbst die CDU daher nicht anzutasten wagte, und die Beteiligung an der
Bremer Landesbank, die gerade um eine halbe Milliarde aufgestockt wurde.
Wenn die Bremer Politik diese beiden Gesellschaften versilbern will, muss
sie sich in Zukunft eine gute Begründung einfallen lassen. Der neue Passus
in der Landesverfassung ist übrigens auch ein guter Schutz gegen
Bundesverfassungsrichter, die im Falle des Berliner Verfahrens als Argument
anführten, der Berliner Senat könne ja noch sein Wohnungseigentum
verkaufen, um seine Kassenlage aufzubessern.
12 Jul 2012
## AUTOREN
Klaus Wolschner
Klaus Wolschner
## TAGS
Wasserversorgung
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