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# taz.de -- Neuer Druck auf Stefan Mappus: Die Phantom-Käufer
> Ein Interesse aus Russland, EnBW zu übernehmen, nannte Stefan Mappus als
> Grund für seine Geheimhaltung im EnBW-Deal. Doch das Interesse soll es
> nie gegeben haben.
Bild: Hat in Sachen EnBW im Geheimen gehandelt: Stefan Mappus.
BERLIN taz | Donnerstag war endlich ein guter Tag für den von Skandalen
erschütterten Stromkonzern EnBW: Man habe einen langfristigen Liefervertrag
mit einem ausländischen Gasproduzenten abgeschlossen, zehn Jahre Laufzeit,
600 Millionen Euro Umfang. Agenturen berichteten, es handle sich um den
Konzern Novatek, mit dem EnBW schon länger verhandelte.
Zumindest am Rande um Gas geht es auch möglicherweise bei den aktuellen
Ermittlungen gegen den ehemaligen Ministerpräsidenten von
Baden-Württemberg, Stefan Mappus (CDU).
Gegen ihn und Dirk Notheis, Ex-Deutschlandchef der Investmentbank Morgan
Stanley, wird seit Mittwoch wegen Untreue ermittelt. Mappus hatte ohne
Zustimmung des Landtages Ende 2010 dem französischen Energiekonzern EDF
sein 45-Prozent-Aktienpaket an der EnBW für 4,7 Milliarden Euro abgekauft.
Der Preis soll überzogen gewesen sein, weshalb jetzt der Verdacht der
Untreue besteht.
Fast zeitgleich bricht für EnBW an einer anderen Front ein Skandal auf:
Seit zwei Jahren führt EnBW drei Schiedsverfahren vor internationalen
Gerichten gegen den russischen Unternehmer und Energielobbyisten Andrey
Bykov. Seit Wochen gibt Bykov freimütig Auskunft über seine Geschäfte mit
den Schwaben: EnBW habe ihm, so sagt er, bezahlt, um in Russland
„Landschaftspflege“ zu betreiben.
## Am guten Image gebastelt
Bykov sagt, er habe über eine Stiftung Hunderte von Kirchen, Denkmälern
oder Schachschulen im Auftrag der EnBW errichtet, um dem Konzern ein gutes
Image zu verschaffen und den Weg zu ebnen für – Gasgeschäfte. Beide
Parteien streiten sich um 160 Millionen Euro. EnBW sagt: Landschaftspflege
ist Quatsch, die Bykov-Gruppe hätte etwa Uran liefern sollen und habe die
Leistungen teils nicht erbracht.
Was hat das Ganze nun mit dem Mappus-Deal zu tun? Der
baden-württembergische Ministerpräsident hat den Kauf der EnBW stets damit
begründet, er wolle den Einstieg ausländischer Investoren bei dem für die
heimische Infrastruktur so wichtigen Energieversorger verhindern.
Deshalb musste er im Geheimen handeln, sonst wäre der Preis gestiegen.
Gerüchte über ein Interesse des russischen Energiegiganten Gazprom waberten
2010 umher. An der Version gab es bereits erhebliche Zweifel. Jetzt
behauptet Bykov gegenüber der taz: „Wir wussten genau, dass es zu diesem
Zeitpunkt kein Interesse aus Russland gegeben hat, bei EnBW einzusteigen.“
Doch diese Information hätte ein Argument für einen niedrigeren Preis
geliefert. Um ihn zum Schweigen zu bringen, sei er Mitte 2010 von der EnBW
vor Schiedsgerichte gezerrt worden. Bei einem solchen Verfahren
verpflichten sich beide Seiten, absolutes Stillschweigen über die
wechselseitigen Geschäftsbeziehungen zu wahren.
## Brief an die Bundesregierung verhindert
Die Gefahr, dass er sein Wissen über das Nichtinteresse der Russen
preisgeben könne, sei aus Sicht der EDF real gewesen: Bereits einige Monate
zuvor habe er mit einem Brief an die Bundesregierung ein anderes
deutsch-französisches Atomgeschäft verhindert.
Überprüfen lassen sich Bykovs Angaben schwer. Allerdings verweist der
baden-württembergische Rechnungshof auf einen Zusammenhang: In einer
80-seitigen Analyse über den Kauf der EnBW schreibt er: Manager der EDF,
die im Aufsichtsrat der EnBW saßen, verlangten vom Land Baden-Württemberg
während der Verkaufsverhandlungen, sie von einer Haftung in der „Russian
Matter“, also den Geschäften mit Bykov, zu befreien.
Angeblich nur deshalb, weil EnBW im Jahr 2009 bereits 130 Millionen Euro
wegen der Russland-Geschäfte abschreiben musste. Bykov geht jetzt noch
einen Schritt weiter. Es gehe um ein Gasgeschäft im Jahr 2002. Damals
wollte das russische Staatsunternehmen Rosneft mit der EnBW ein Gasgeschäft
rund um die Lagerstätte Kharampur abschließen, sagt Bykov.
Die EDF habe die Verhandlungen 2002 torpediert. „Ich vermute, weil sie kein
Interesse hatten, dass EnBW im Gasgeschäft von EDF unabhängig wird“, glaubt
Bykov. Daraus sei der EnBW ein Schaden entstanden, der in die Milliarden
gehe. Deshalb die obskure Bitte an die Landesregierung für die
Haftverschonung. EnBW widersprach bisher allen Darstellungen Bykovs.
Immerhin: Die Sache mit dem Gas aus Russland hat nun offenbar geklappt.
12 Jul 2012
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
EnBW
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