# taz.de -- EU-Regeln zu Verwertungsgesellschaften: Die grenzenlose Verwertung … | |
> Die EU will den Verwertungsgesellschaften der EU einheitliche Regeln | |
> vorgeben. Sö könnte es in Zukunft für Nutzer einfacher werden, Musik und | |
> Filme online zu kaufen. | |
Bild: Die Daten schwirren durchs Netz – ohne Rücksicht auf Grenzen. | |
KÖLN taz | Das Internet mag grenzenlos sein, die Lizenzen für Musik, Filme | |
und Bücher sind es jedoch nicht: Wer Medien online anbietet, muss sich für | |
jeden Staat gesonderte Lizenzen besorgen. Die althergebrachte | |
Kleinstaaterei bei den Veröffentlichungsrechten ist ein Bremsklotz für die | |
Schaffung digitaler Angebote. Nun hat die Europäische Kommission | |
Handlungsbedarf angemeldet und möchte den 250 Verwertungsgesellschaften in | |
ihrem Einflussbereich neue Regeln vorgeben. | |
„Generell sollten die Verwertungsgesellschaften gewährleisten, dass die | |
Urheber für ihre Arbeit schneller bezahlt werden, und sie sollten | |
transparent arbeiten“, erklärt der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier | |
in Brüssel. Doch diese Selbstverständlichkeit wird bei Weitem nicht von | |
jeder Verwertungsgesellschaft erfüllt. | |
So müssen die Künstler oft bis zu drei Jahre auf ihre Tantiemen warten. In | |
der Zwischenzeit wirtschaften die Verwertungsgesellschaften selbst mit dem | |
Geld. Eine italienische Verwertungsgesellschaft [1][spekulierte zum | |
Beispiel] mit riskanten Anleihen und verlor nach der Lehman-Pleite 35 | |
Millionen Euro – Geld, das eigentlich den Künstlern gehört. Um solche | |
Skandale zukünftig zu verhindern, will die Kommission den | |
Verwertungsgesellschaften strenge Transparenz verordnen. Zudem sollen die | |
Mitglieder – also die Künstler – festgelegte Mitspracherechte haben. Und | |
das Geld sll spätestens nach einem Jahr ausbezahlt werden. | |
Die deutsche Verwertungsgesellschaft Gema begrüßte den Vorstoß. „Wir freuen | |
uns, dass die Kommission die Initiative für einen gemeinsamen Rechtsrahmen | |
für die kollektive Rechtewahrnehmung in Europa ergriffen hat“, erklärt der | |
Vorstandsvorsitzende Harald Heker. „Die Gema wird das weitere | |
Gesetzgebungsverfahren mit ihrem Sachverstand konstruktiv begleiten“. | |
Nach dem Vorschlag muss die deutsche Verwertungsgesellschaft kaum | |
Änderungen befürchten. Obwohl es Kritik an der ungleichen Verteilung der | |
Stimmrechte in der Gema gibt, wird die EU-Kommission kaum direkt in die | |
Strukturen der einzelnen Verwertungsgesellschaften eingreifen. | |
## Unpassende Kleinstaaterei | |
Doch mehr noch als der finanzielle Schlendrian einiger | |
Verwertungsgesellschaften stört die Europäische Kommission die | |
Kleinstaaterei, die nicht ins digitale Zeitalter passt. „Viele | |
Verwertungsgesellschaften sind für diese Herausforderungen nicht gewappnet | |
und so sehen sich die Diensteanbieter mit Schwierigkeiten konfrontiert, | |
wenn sie Online-Nutzungsrechte für Musik erwerben möchten, die sie für den | |
Start eines EU-weiten Online-Musikangebots benötigen“, heißt es in der | |
Stellungnahme der Kommission. | |
So müssen Europäer immer viel länger auf digitale Angebote warten als zum | |
Beispiel Kunden in den USA. Angebote wie beispielsweise der | |
Streaming-Dienst Spotify benötigen Jahre, um in Europa präsent zu sein. Bis | |
heute ist Apple mit iTunes das einzige Unternehmen, dass Lizenzen für den | |
Musikverkauf in allen 27 Mitgliedsstaaten der EU hat. | |
Statt über Preis und Service konkurrieren die Anbieter also darum, wer am | |
Besten mit dem Lizenzwirrwarr umgehen kann. Für die Bürger hingegen ist | |
nicht verständlich, warum sie nicht einfach Musik aus dem Nachbarland | |
kaufen können. Das schadet der Innovation – und treibt die Bürger zu | |
illegalen oder halblegalen Diensten, die sich nicht um Lizenzen scheren. | |
Hier will die Kommission mit vereinheitlichten Regeln für die | |
grenzüberschreitende Lizenzierung bessere Bedingungen für Lizenznehmer und | |
für die Verwertungsgesellschaften für mehr Wettbewerb sorgen. Ob die | |
vorgeschlagenen Regeln diesen Missstand beheben können, ist allerdings | |
nicht ausgemacht. | |
So zeigt sich der in Köln ansässige Streaming-Anbieter Simfy, der seine | |
Dienste in Deutschland, Österreich Belgien und der Schweiz anbietet, wenig | |
beeindruckt. „Die geplante Richtlinie wird für mehr Wettbewerb bei den | |
Verwertungsgesellschaften sorgen, was wohl für die Künstler von Vorteil | |
wäre“, sagte Firmen-Mitgründer Steffen Wicker taz.de. „Eine Vereinfachung | |
der Situation für Musikangebote wie simfy sehe ich derzeit nicht.“ | |
13 Jul 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.nytimes.com/2012/07/11/business/global/europe-moves-to-aid-digit… | |
## AUTOREN | |
Torsten Kleinz | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Urheberrecht | |
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