# taz.de -- Berlin rekommunalisiert: Rückkauf in trockenen Tüchern | |
> Nüchtern verkündet der Finanzsenator den Teilrückkauf der Wasserbetriebe. | |
> Opposition und CDU reicht das nicht: Sie wollen auch sinkende | |
> Wasserpreise. | |
Bild: Nußbaum mit Wasser. | |
Euphorie klingt anders. Er könne das Geschäft vertreten, erklärt | |
Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos), als er am Dienstag den Rückkauf | |
des 24,9-prozentigen RWE-Anteils an den Wasserbetrieben verkündet – trocken | |
wie immer, da hilft auch die adäquat wasserblaufarbene Krawatte nichts. Die | |
Teilrekommunalisierung sei sein Auftrag gewesen, sagt Nußbaum, durch die | |
Koalition und durch die Berliner mit ihrem im Februar 2011 erfolgreichen | |
Wasser-Volksentscheid. Dem sei er nun „entgegenkommen“. Dann nennt Nußbaum | |
nur noch Zahlen. | |
Dabei ist das, was der parteilose Senator verkündet, durchaus | |
einschneidend. Denn es beendet ein landespolitisches Kapitel – das der | |
Träumerei, Privatisierungen würden alles besser machen, effizienter, | |
billiger. Für 3,3 Milliarden Mark verkaufte das Land 1999 je 24,9 Prozent | |
der Wasserbetriebe an RWE und Veolia. Für 618 Millionen Euro kauft es den | |
RWE-Teil nun wieder zurück. Sofern das Abgeordnetenhaus nach der | |
Sommerpause dafür eine Mehrheit findet. | |
Davon ist auszugehen. Auch wenn es die CDU am Dienstag noch mal spannend | |
machte. Für die CDU-Fraktion bleibe es dabei, erklärte deren Chef Florian | |
Graf, „dass es keinen Anteilsrückkauf ohne Wasserpreissenkung geben kann“. | |
Im Portemonnaie der Berliner müsse eine „spürbare Entlastung ankommen“. | |
Daniel Buchholz, Sprecher der SPD-AG „Daseinsvorsorge“, lobte den Rückkauf | |
dagegen als „große Chance, den Fehler von 1999 rückgängig zu machen“. Se… | |
AG empfehle der SPD-Fraktion zuzustimmen, so Buchholz. Natürlich hoffe man | |
auf sinkende Preise. | |
Die sind bei dem Rückkauf aber erst mal kein Thema, wie Nußbaum | |
klarstellte. Im Gegenteil: Denn der Senat will die 618 Millionen Euro über | |
künftige Gewinne der Wasserbetriebe bezahlen. Dies sei auch nach der | |
Verfügung des Bundeskartellamt möglich, so der Senator. Die Behörde hatte | |
die Berliner Wasserpreise als überteuert kritisiert und eine Senkung um 17 | |
Prozent verfügt. Die Finanzverwaltung rechnet nun bis 2015 mit sinkenden | |
Wasserpreisen. Dann sollen diese wieder steigen, ab 2023 auch über das | |
heutige Niveau. | |
Die Opposition kritisiert das einhellig. Auch die Industrie- und | |
Handelskammer sieht den Senat „weiter in der Verantwortung für niedrige | |
Wasserpreise“. Piraten und die Initiative Wassertisch geißelten den | |
Rückkauf als überteuert und „inakzeptablen Scheinerfolg“. Beide plädieren | |
für die Rückabwicklung der Verträge von 1999. Der Wassertisch forderte das | |
Parlament auf, dem Deal nicht zuzustimmen. Die abgespalteten Wasserbürger | |
plädierten gar für ein neues Referendum über den Rückkauf. Nußbaum sagte, | |
eine Rückabwicklung der Verträge sei geprüft worden, aber nicht möglich. | |
Der Rückkauf-Vertrag werde am Donnerstag veröffentlicht: „Wir haben nichts | |
zu verbergen.“ | |
Zu einem Loblied auf die Rekommunalisierung wollte sich Nußbaum auch auf | |
Nachfrage nicht hinreißen lassen. Das, so der Senator, „ist nicht mein | |
Thema“. Er weiß: Zwar schob der Regierende einer Rekommunalisierung der | |
S-Bahn zuletzt mit der Teilausschreibung einen Riegel vor. Noch im Gespräch | |
ist aber ein Kauf der Energienetze durch das Land. Dafür, so SPD-Mann | |
Buchholz, wolle man Möglichkeiten ausloten. Und für die Wasserbetriebe | |
nannte Buchholz auch den Rückkauf des Veolia-Anteils „sehr wünschenswert“. | |
Hier befindet sich Nußbaum noch in Gesprächen, auch das wäre finanziell ein | |
großer Brocken. Zudem klagen RWE und Veolia vor einem Schiedsgericht um 340 | |
Millionen Euro für angeblich entgangene Gewinne der Wasserbetriebe. Hier, | |
räumte Nußbaum ein, sehe es für das Land schlecht aus. Vielleicht auch | |
daher die mäßig Begeisterung für weitere Rekommunalisierungen. | |
17 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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