# taz.de -- Rückkauf der Wasserbetriebe: Kann Wasser denn so teuer sein? | |
> Der Finanzsenator stellt den Rückkaufvertrag über die Anteile von RWE | |
> online - und verteidigt den Preis. Kritiker finden ihn weit überteuert | |
> und rufen den Rechnungshof an. | |
Bild: Wie fließend ist der Wert von Wasser? | |
Seit 14.15 Uhr am Donnerstag ist er für alle nachzulesen: der | |
Rückkaufvertrag des RWE-Anteils an den Wasserbetrieben, 52 Seiten stark. Da | |
hatte Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) sein Versprechen eingelöst | |
und das Konvolut ins Internet gestellt. | |
Die Kernfakten hatte der Senator schon am Dienstag bekanntgegeben: Für 618 | |
Millionen Euro will das Land den 24,9-prozentigen RWE-Anteil | |
zurückerwerben, den es 1999 für 1,65 Milliarden D-Mark verkauft hatte. Das | |
Geschäft soll rückwirkend zum Jahresbeginn gelten – so das Abgeordnetenhaus | |
zustimmt. | |
Nun aber gibt es Streit, wie gut der Deal für das Land lief. Nicht gut, | |
finden Opposition und Wassertisch. Die Initiative hat den Rechnungshof des | |
Landes gebeten, das Geschäft zu prüfen. | |
Nußbaum verteidigt die 618 Millionen Euro als „vertretbar“. Immerhin habe | |
RWE anfangs 900 Millionen Euro gefordert. Allein der Eigenkapitalwert von | |
RWE, der sowieso zu zahlen sei, liege bei 469 Millionen Euro. Daneben sei | |
mit dem Rückkauf auch ein 170 Millionen Euro schwerer Anspruch abgegolten. | |
Auf den klagen jeweils RWE und Veolia, der zweite Wasserbetriebsteilhaber, | |
wegen vermeintlich entgangener Gewinne in den Vorjahren. Hier, so Nußbaum, | |
bekämen die Privaten demnächst wohl Recht. | |
Aber auch RWE zeigte sich zufrieden. Hier hoffte man wohl, dem vor dem Ende | |
stehenden Rechtsstreit mit dem Bundeskartellamt zuvorzukommen. Die Behörde | |
will die Berliner Wasserpreise um 17 Prozent senken – was wiederum den | |
Unternehmenswert schmälern würde. RWE-Vorstand Leonhard Biernbaum lobte den | |
Vertrag als „angemessen und ausgewogen“. Für das Unternehmen ist der | |
Verkauf Teil seines „Desinvestitionsprogramms“: Bis Ende 2013 will RWE | |
sieben Milliarden Euro sparen und aus dem Wassergeschäft aussteigen. | |
Gerlinde Schermer vom Wassertisch hält den Kaufpreis für „mindestens 200 | |
Millionen Euro zu teuer“. Laut Schermer hat das Land nicht nur die | |
Kartellamtverfügung, sondern auch die „überhöhten“ Gewinne von RWE seit … | |
Übernahme außer Acht gelassen. Der Wassertisch fordert eine Rückabwicklung | |
der Verträge von 1999, da diese durch eine Gewinngarantie | |
„verfassungswidrig“ seien. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes | |
des Abgeordnetenhaus nannte diesen Weg aber „wenig erfolgversprechend“. | |
Darauf verweist auch Nußbaum. Zudem sichert sich das Land in seinem Vertrag | |
in weiteren Punkten ab. Gibt es etwa Steuernachforderungen, kommt dafür | |
auch RWE auf. Auch für eine laufende Klage von Veolia gegen den Rückkauf | |
ist RWE weiter haftbar. Und sollte die EU-Kommission, die ein Verfahren | |
wegen der Gewinngarantie prüft, tätig werden, müsste sich der Konzern auch | |
weiter mitverantworten. | |
Unterdessen beklagen die Wasserbetriebe einen „desaströsen“ Sommer. Laut | |
einer Sprecherin verkaufen sie an heißen Sommertagen bis zu 750.000 | |
Kubikmeter Wasser, derzeit seien es unter 500.000. Hauptgrund: Durch den | |
Regen ließen die Berliner ihre Rasensprenger aus. Der Profitabilität der | |
Wasserbetriebe dürfte das keinen Abbruch tun: 2011 erzielten sie Gewinne | |
von 232 Millionen Euro, 82 Millionen Euro gingen ans Land - trotz | |
verregnetem Sommer. | |
19 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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