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# taz.de -- Usbekische Bevölkerung ohne Handynetz: Taschkent dreht Moskau den …
> Fast ein Drittel der usbekischen Bevölkerung steht plötzlich ohne
> Handyverbindung da. Das Regime hat einem russischen Mobilfunkanbieter die
> Lizenz entzogen.
Bild: Der Despot von Taschkent: Islam Karimow.
BISCHKEK taz | Für viele in dem unwegsamen Land ist es schlicht ein Drama:
Vor den Filialen der Mobilfunkanbieter in ganz Usbekistan drängeln sich
derzeit Tausende Kaufwillige. Die überforderte Polizei versucht, Gehwege
und Straßen freizuhalten, mobile Kopiergeräte werden herbeigeschafft, um
Pässe zu kopieren – dies ist für den Erhalt einer SIM-Karte nötig. Längst
hat sich ein Schwarzmarkt entwickelt: Zwischenhändler bieten zu hohen
Preisen eine „Vorzugsbehandlung“ an, um schnell wieder mobil telefonieren
zu können.
Der Grund für die explodierende Nachfrage ist nicht etwa ein neues Produkt,
sondern die Regierung in Taschkent. Sie hat der größten
Mobilfunkgesellschaft des Landes, MTS Usdunrobita, schlicht den Saft
abgedreht. Wegen „Unterschlagung und Steuerhinterziehung“ wurde MTS am
Dienstag zunächst für zehn Tage die Lizenz entzogen. Damit hatten über
Nacht 9,5 Millionen Einwohner des zentralasiatischen Staates – fast jeder
dritte – kein Netz mehr. Um weiter mobil telefonieren zu können, sind viele
Usbeken jetzt auf andere Anbieter angewiesen.
Der Eigentümer von Usdunrobita, der Moskauer Mobilfunkriese MTS, weist die
Vorwürfe zurück. „MTS wird alle möglichen Rechtsmittel einlegen, um die
eigenen Rechte und die ihrer Mitarbeiter zu schützen“, heißt es in einer
Mitteilung.
Die Sorge um die Mitarbeiter ist berechtigt: Viele hochrangige
MTS-Angestellte sitzen bereits in Haft. Usbekistan gehört zu den
schlimmsten Despotien weltweit. In dem Land wird nach UN-Angaben
„systematisch“ gefoltert, Aufstände werden mit Panzerwagen
niedergeschossen, Millionen Kinder werden alljährlich vom Staat in die
Baumwollernte gepresst.
## Enteignung nach Gutsherrenart
Aber in Usbekistan leiden nicht nur die Menschenrechte, auch Investoren
haben es nicht leicht. Der Staat wird seit 1989 vom ehemaligen
kommunistischen Kader Islam Karimow regiert. Er und seine Familie
betrachten den Staat und dessen Wirtschaftsgüter als Beute. Nach
Gutsherrenart wird enteignet: Die Londoner Minengesellschaft Oxuss verlor
so ihre Goldmine, deutsche Mittelständler warten nach wie vor auf einen
dreistelligen Millionenbetrag in Euro für den Bau einer Kongresshalle in
Taschkent.
Besonders umkämpft ist der Mobilfunkmarkt. Usdunrabaita war 1994 einer der
ersten Anbieter in Usbekistan. Die älteste Tochter des usbekischen
Präsidenten, Gulanra Karimowa, riss sich die Gesellschaft jedoch unter den
Nagel. 2004 verkaufte Karimowa sie an MTC. Nun, nachdem die Russen in
Usbekistan investiert haben, ist der Appetit der usbekischen Machtelite
offenbar wieder geweckt.
Die Russen haben derzeit mit Usbekistan ohnehin große Probleme: Bereits im
Juni verließ Taschkent das von Moskau dominierte Verteidigungsbündnis ODKB.
Von Europa und den USA wird das Despotenregime dagegen derzeit regelrecht
hofiert: Durch Usbekistan geht nämlich der wichtigste Zweig der
Nordversorgungsroute für den Afghanistankrieg der Nato. Über das Land im
Norden Afghanistans soll auch ein Großteil des Rückzugs der Nato verlaufen.
20 Jul 2012
## AUTOREN
Marcus Bensmann
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