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# taz.de -- Menschenrechtsverletzung in Usbekistan: Textilabkommen auf Eis gele…
> Das Europaparlament stimmt einem Handelsvertrag mit Usbekistan nicht zu.
> Im Zentrum der Kritik steht Kinderarbeit. Das Nein aus Brüssel stellt
> einen Präzedenzfall dar.
Bild: Muss zur Erntezeit auf den Baumwollfeldern ran - ein Junge in Usbekistan.
BRÜSSEL taz | Das Europäische Parlament blockiert erstmals in der
Geschichte der Europäischen Union ein Handelsabkommen wegen
menschenrechtlicher Bedenken. Der zuständige Handelsausschuss hat gestern
beschlossen, einem geplanten Textilabkommen mit Usbekistan erst dann
zuzustimmen, wenn das Land die bisher praktizierte Kinderarbeit auf den
Baumwollplantagen abgeschafft hat.
„Es ist unsere Verantwortung, da genau hinzuschauen und die Menschenrechte
zu verteidigen“, sagt Franziska Brantner von den Grünen im Europäischen
Parlament. Erst seit dem Vertrag von Lissabon muss das Parlament
internationalen Abkommen zustimmen. Es darf zwar die Inhalte nicht
mitverhandeln, aber die Verträge können nur in Kraft treten, wenn die
Abgeordneten grünes Licht gegeben haben.
Das Textilabkommen mit Usbekistan ist mit der gestrigen Entscheidung erst
einmal auf Eis gelegt. „Zur Erntezeit werden Kinder von der Schulbank
wegkommandiert und müssen auf den Feldern helfen. Das können wir als EU
nicht gut heißen“, sagt Brantner. Schätzungen gehen nach Angaben des
EU-Parlaments von 200 000 bis zwei Millionen Kindern im Alter von 9 bis 15
Jahren aus. Die Schulen werden während der Erntezeit oft komplett
geschlossen.
## Kinder nicht aufs Feld? Strom abgeschaltet!
Im Bericht des EU-Handelsauschusses heißt es: „Die Schulen sind
verpflichtet, die Kinder auf die Baumwollfelder zu schicken.
Verwaltungsangestellte und Lehrer riskieren bei Zuwiderhandlung ihren
Arbeitsplatz.“ Familien, die ihre Kinder nicht zur Ernte schicken wollen,
müssten damit rechnen, dass ihnen der Strom abgeschaltet oder das Wasser
abgedreht wird.
Die Regierung Usbekistans habe diese Vorwürfe bisher abgewiesen und
behauptet, bei der Arbeit handele es sich lediglich um Hilfstätigkeiten in
Familienbetrieben. Für die EU-Abgeordneten ist die Blockade des Abkommens
ein Präzedenzfall. In den kommenden Monaten stehen die Verhandlungen mit
der Ukraine und mit Kolumbien auf dem Programm.
Auch da wünscht sich Franziska Brantner eine höhere Aufmerksamkeit für
menschenrechtliche Fragen. „Im Parlament haben die Menschenrechte
garantiert einen höheren Stellenwert als im Ministerrat. Nationale
Interessen stehen bei uns weniger im Vordergrund.“ Das Abkommen mit
Usbekistan sollte nach dem Willen der Mitgliedsstaaten der EU nicht nur
gute Preise für usbekische Baumwolle sichern.
Die 27 Regierungen versprechen sich dafür auch ein Entgegenkommen in
Taschkent, wenn es um die Nutzung einer Militärbasis oder die Lieferung von
Gas und Öl geht. Nun sollen nach dem Willen der EU-Abgeordneten erst
unabhängige Beobachter der Internationalen Arbeitsorganisation ins Land
gelassen werden, um zu überprüfen, ob die Kinderarbeit tatsächlich beendet
wird. Erst dann will das EU-Parlament erneut darüber beraten, dem Abkommen
zuzustimmen.
Dem Votum des Ausschusses muss nun noch das Plenum folgen. Da sich aber
alle großen Fraktionen im Vorfeld auf den Kompromiss geeinigt haben, ist
davon auszugehen, dass der Text nicht mehr verändert wird.
24 Nov 2011
## AUTOREN
Ruth Reichstein
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