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# taz.de -- Demokratische Produktionsstrukturen: Mehr Strom aus Bürgerhand
> Die Zahl der Strom produzierenden Genossen wächst rasant. Über 500
> Genossenschaften mit rund 80.000 Mitgliedern liefern in Deutschland
> inzwischen Energie.
Bild: Genossenschaftsstrom vom Häuserdach.
BERLIN taz | Die Energiewende ist mehr als die Produktion von Strom mit
neuer Technik. Dahinter verbirgt sich eine regelrechte gesellschaftliche
Umgestaltung – und eine Verschiebung von Gewinnen und Machtverhältnissen.
Mehr als 500 Energie-Genossenschaften stellen mittlerweile Elektrizität
her, gab der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband (DGRV) am
Donnerstag bekannt. Die Stromproduktion „in der Hand der Bürger“ wachse
rasant, sagte DGRV-Vorstand Eckhard Ott.
Vor allem in den letzten Jahren kamen viele Genossenschaften hinzu. 2011
waren es rund 180, 2010 etwa 120. Rund 80.000 Bürger beteiligen sich
inzwischen an diesen Firmen, von denen rund die Hälfte im Verband
organisiert ist. Einer Umfrage des DGRV zufolge schätzen die Mitglieder
besonders die Möglichkeit der demokratischen Willensbildung. Grundsätzlich
hat bei Genossenschaften jeder Anteilseigner eine Stimme.
Das interessiert auch konservative Bayern: „Wir machen die industrielle
Revolution des 21. Jahrhunderts“, sagt Helmut Amschler, CSU-Mitglied und
Vorstand der Stadtwerke Grafenwöhr. Zusammen mit 18 Bürgermeistern der
Oberpfalz hat er zwei Energie-Genossenschaften gegründet, die vor allem
Solarkraftwerke finanzieren und betreiben. Knapp 1.000 Genossenschaftler
machen inzwischen mit Anteilen von mindestens 500 Euro mit.
Der Charme liegt auch darin, dass man weniger Strom vom Eon-Konzern und
dessen Ablegern kaufen muss. „Damit bleiben Wertschöpfung und auch die
Erträge in unserer Region“, sagt Amschler. Die Genossenschaften besorgen
sich Kredite bei den örtlichen Volksbanken, beauftragen Baufirmen und
Handwerker aus der Nachbarschaft, die erhoffte Rendite wollen sie an ihre
Mitglieder auszahlen. Regionale Wirtschaftsförderung und Selbstbestimmung
gehen so Hand in Hand.
## 222 Megawatt Strom
Bundesweit liefern die Genossenschaften derzeit erst rund 222 Megawatt
Strom, etwa 0,4 Prozent der Menge, die die erneuerbaren Energien insgesamt
höchstens bereitstellen können. Ein anderes Bild ergibt sich, wenn man die
Besitzverhältnisse an den Öko-Kraftwerken, die mittlerweile bis zu 20
Prozent des deutschen Strombedarfs decken, im Zusammenhang betrachtet.
Zahlen der Agentur für Erneuerbare Energien zufolge sind 51 Prozent der
regenerativen Anlagen in der Hand von Privatleuten und Bauern. Diese können
bis zu 26.500 Megawatt liefern, so viel wie 26 Atomkraftwerke. Einen Teil
dieser demokratischen Produktionsstruktur bilden die Genossenschaften.
Die andere knappe Hälfte der Ökostromproduktion gehört größeren
Energieversorgern, Banken und Projektentwicklern. „Wir sind erst ganz am
Anfang“, sagt Stadtwerke-Vorstand Amschler. Und fügt hinzu: „Unabhängig v…
jeder Senkung der Einspeisevergütung für Ökostrom bauen wir weiter.“ Wenn
sich die Investitionskosten der kleinen Kraftwerke amortisiert hätten,
stelle man Strom billiger her, als externe Lieferanten ihn verkaufen
würden.
20 Jul 2012
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
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