| # taz.de -- Studie zu Cybermobbing: „Jeder Klick verletzt“ | |
| > Jugendliche kennen sich im Netz zwar aus, es fehlt ihnen jedoch an | |
| > „ethisch-reflexiver Kompetenz“. Digitales Mitgefühl lässt sich schwerer | |
| > erlernen als analoges. | |
| Bild: Was auf dem Schulfhof beginnt, wird häufig im Netz weitergeführt. | |
| BERLIN taz | Wer heute 15 Jahre alt ist und in der Schule gemobbt wird, für | |
| den bietet das Elternhaus oft keinen Rückzugsort mehr. Denn dort steht der | |
| heimische Computer – und im Internet setzen sich die Gängeleien vom | |
| Pausenhof in Onlinenetzwerken fort. Das zeigt [1][eine aktuelle Studie der | |
| Uni Bielefeld]. Grund dafür sei allerdings nicht – wie oft von | |
| Datenschützern angemahnt – der nachlässige Umgang der Opfer mit den eigenen | |
| Informationen. Die Ergebnisse zeigen, dass vielmehr den Tätern die | |
| Kompetenz fehle, das Internet richtig zu nutzen. | |
| Zwar beherrschten die meisten Jugendlichen technisch den Computer und | |
| fänden auch die „Privatsphäreeinstellungen bei Facebook“, sagt der Autor | |
| der Studie, Peter Sitzer. Doch es fehle an „ethisch-reflexiver“ Kompetenz. | |
| So hielten immerhin knapp 18 Prozent der Schüler für zutreffend, dass „die | |
| sozialen Regeln des friedlichen Miteinanders“ im Netz „keine Geltung“ | |
| hätten. Die Forscher befragten für ihre Studie knapp 1.900 Acht- bis | |
| Zehntklässlern. Die Ergebnisse seien zwar nicht repräsentativ, könnten aber | |
| Tendenzen aufzeigen, sagt Sitzer. | |
| „Der Umfang der Rufzerstörung ist im Internet größer“, sagt auch | |
| Mobbingforscherin Mechthild Schäfer von der Universität München, auch wenn | |
| die „konventionelle“ Form noch überwiege. Cybermobbing sei kein neues | |
| Phänomen, aber eine neue Spielart. „Das liegt in der Natur der Sache“, sagt | |
| der Bielefelder Forscher Sitzer: Schließlich habe sich das soziale Leben | |
| der Jugendlichen in den vergangenen zehn Jahren ebenfalls zum Teil ins Netz | |
| verlagert. | |
| Sitzer fordert deshalb, in der Schule das Verantwortungsgefühl der Schüler | |
| im Internet zu stärken. Mobbing-Expertin Schäfer hält dies allerdings für | |
| schwierig: Mitgefühl online sei schwerer zu vermitteln als solches in | |
| realen Situationen. Lehrer könnten echte Konflikte immerhin in | |
| Rollenspielen aufgreifen. | |
| ## Lange Zeit ohne Hilfe | |
| Online-Mobbing spiele sich allerdings auch nicht versteckter ab als das in | |
| der Schule. Diese sei zwar ein „Raum mit hoher sozialer Kontrolle“, | |
| Mobbingopfer blieben aber auch hier oft lange Zeit ohne Hilfe. Denn es sei | |
| typisch, dass diese bereits sozial isoliert sind, wenn sie zum Opfer | |
| werden. „Täter suchen sie nicht ohne Grund aus“, sagt Sitzer. Virtuell oder | |
| real müssten sie in den seltensten Fällen Konsequenzen fürchten. | |
| Für die Betroffenen der Online-Attacken sind die Folgen dagegen harsch. | |
| Mehr als die Hälfte der befragten Schülerinnen und Schüler, die Opfer von | |
| Mobbing geworden sind, geben an, dass sie unvorteilhafte Fotos und Videos | |
| im Netz als besonders belastend empfinden. Virtuelles Beleidigen oder | |
| Bedrohen war dagegen für weniger als 25 Prozent der befragten Schüler | |
| „stark belastend.“ | |
| Digitale Bilder seien deshalb so diffamierend, weil sie beliebig oft | |
| vervielfältigt werden können und potenziell der ganzen Welt zugängig seien, | |
| sagt der Forscher. Besonders fatal sei dabei das als „Happy Slapping“ | |
| bekannt gewordene Phänomen, verbale wie gewalttätige Angriffe abzufilmen | |
| und im Netz zu verbreiten. Einmal in Umlauf gebracht, verliere ein Opfer | |
| jede Kontrolle über diese Bilder, sagt Forscherin Schäfer: „Und jeder Klick | |
| verletzt.“ | |
| 20 Jul 2012 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.idw-online.de/pages/de/news489048 | |
| ## AUTOREN | |
| Kristiana Ludwig | |
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