# taz.de -- EFSF-Rettungsschirm droht Abwertung: Bayern im Moody's-Visier | |
> Die Ratingagentur Moody's senkt nun auch die Aussichten für die | |
> Kreditwürdigkeit des EFSF-Rettungsschirms und mehrerer Bundesländer. | |
> Finanz-Experten warnen vor „Katastrophe“. | |
Bild: Deine Moody's! | |
WASHINGTON/FRANKFURT a.M. afp/dapd/dpa | Nach Deutschland, Luxemburg und | |
den Niederlanden droht nun auch dem Euro-Rettungsfonds EFSF eine Abwertung | |
seiner Bonität durch die US-Ratingagentur Moody's. Die Agentur senkte am | |
Dienstag die Aussichten für die Kreditwürdigkeit des EFSF von stabil auf | |
negativ. Zur Begründung verwies Moody's auf ein ähnliches Vorgehen bei | |
Deutschland, den Niederlanden und Luxemburg am Vortag, die zu den | |
Hauptgaranten des Rettungsschirms gehörten. | |
Wie zuvor bei den drei Euroländern beließ Moody's auch dem EFSF die | |
Bestnote AAA für die Kreditwürdigkeit. Allerdings ist ein negativer | |
Ausblick der erste mögliche Schritt für eine Abwertung. | |
Moody's warnte, der Fonds könnte seine Bestnote innerhalb der kommenden 12 | |
bis 18 Monate verlieren. Dies wäre vor allem der Fall, wenn den wichtigsten | |
Bürgen ebenfalls ihre Topnote entzogen würde. Für die Entscheidung, die | |
Aussichten unter anderem für Deutschland auf „negativ“ zu setzen, hatte die | |
US-Ratingagentur die „wachsende Unsicherheit“ über den Ausgang der | |
Schuldenkrise in der Eurozone angeführt. | |
Der Rettungsfonds EFSF war im Jahr 2010 ins Leben gerufen worden, um den | |
angeschlagenen Euroländern finanzielle Sicherheit zu bieten. Die benötigten | |
Mittel leiht sich der Fonds am Finanzmarkt, die Euroländer garantieren | |
dafür. Bislang muss der Fonds verleichsweise niedrige Zinsen zahlen, da er | |
mit der besten Kreditwürdigkeit (AAA) bewertet wird. | |
Der Fonds finanziert derzeit Finanzhilfen für Irland und Portugal und | |
unterstützte Griechenland bei der Rekapitalisierung seiner Banken. Auch den | |
spanischen Banken sollen zunächst Hilfen aus dem EFSF-Topf zugute kommen. | |
Der EFSF-Fonds soll durch den dauerhaften Rettungsfonds ESM ersetzt werden. | |
## 6 Bundesländer betroffen | |
Zugleich hat die Ratingagentur nun auch Zweifel an der Kreditwürdigkeit | |
mehrerer Bundesländer. Moody's senkte am Dienstagabend den Bonitätsausblick | |
für Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und | |
Sachsen-Anhalt. Die Agentur begründete dies mit den engen finanziellen | |
Wechselbeziehungen zwischen Bund und Ländern sowie den hohen Schulden der | |
Länder. | |
Die Herabstufung des Ausblicks für Deutschland hat Moody's unterdessen | |
verteidigt. Die Gefahr, dass Griechenland aus dem Euro-Raum austrete und | |
dass auch Spanien und Italien Hilfen für die Refinanzierung brauche, habe | |
die Ratingagentur zu dem Schritt veranlasst, sagte Moody's-Analyst Dietmar | |
Hornung dem Handelsblatt. Denn für die Kernländer im Euro-Raum entstünden | |
„wachsende potenzielle Eventualverbindlichkeiten, also Belastungen“. Und | |
die ließen sich „nicht mehr mit den stabilen Ratingausblicken verbinden, | |
die wir bislang für die AAA-Ratings von Deutschland, den Niederlanden und | |
Luxemburg vergeben hatten“. | |
Hornung wies zugleich Vorwürfe zurück, die Ratingagentur kratze mit ihrem | |
negativen Ausblick am Image Deutschlands als sicherer Hafen für Anleger. | |
„Wir konzentrieren uns in unserer Analyse auf die Kreditwürdigkeit eines | |
Schuldners.“ Dabei seien das Vertrauen der Investoren in Deutschland und | |
die niedrigen Anleiherenditen sehr positiv. Das habe die Agentur in ihrer | |
Bewertung auch berücksichtigt | |
In Folge der Moody's-Bewertung wächst unter Wirtschaftsexperten und | |
Politikern die Sorge, dass Deutschland mit der Schuldenkrise in der EU bald | |
überfordert sein könnte. Die Meinungen über die Folgen einer Staatspleite | |
Griechenlands gehen auseinander. | |
## „Schlafwandelnd in die Katastrophe“ | |
„Europa steuert schlafwandelnd auf eine Katastrophe von unabsehbaren | |
Ausmaßen zu“, heißt es in einem Gutachten von 17 europäischen Ökonomen, d… | |
der dpa am Mittwoch vorlag. Die Wissenschaftler, darunter der | |
Sachverständige Peter Bofinger, verlangen von den Regierungen dringend mehr | |
Anstrengungen, um den drohenden Kollaps noch zu vermeiden. Eine | |
langfristige Transferunion lehnen sie dagegen ebenso ab wie Eurobonds. | |
Die Beseitigung der Altlasten – also der Schuldenkrise – müsse noch stärk… | |
als bisher von allen Euro-Ländern gemeinsam getragen werden, heißt es in | |
der Studie, die vom US-Institute for New Economic Thinking veröffentlicht | |
wurde. Kurzfristig sei unter anderem die Ausweitung des Garantierahmens für | |
die Schuldenstaaten notwendig, sofern sie die vereinbarten Reformauflagen | |
umsetzten. | |
Der Wirtschaftsweise Lars Feld, einer der 17 Gutachter, nannte den | |
kritischen Ausblick von Moody's für Deutschland berechtigt. Er plädierte | |
dafür, Griechenland in der Eurozone zu halten. Ein drittes Rettungspaket | |
dürfe es aber nicht geben, wenn die Regierung in Athen Auflagen | |
nachweislich nicht erfüllt habe, sagte der Freiburger Ökonom der | |
Rheinischen Post. | |
## Streit um Griechenland | |
Auch das Münchner Ifo-Institut sieht in der neuen Bewertung Deutschlands | |
eine deutliche Warnung. „Wir sehen uns in unserer Analyse bestätigt, dass | |
auch Rettung ansteckend sein kann“, sagte Ifo-Konjunkturchef Kai Carstensen | |
der Neuen Osnabrücker Zeitung. Wenn Griechenland zahlungsunfähig werde und | |
aus der Eurozone ausscheide, müsse Deutschland mit bis zu 82 Milliarden | |
Euro Verlust rechnen, ergab eine Analyse des Instituts nach einem Bericht | |
der Bild. | |
Carstensen sagte, im schlimmsten Fall werde Deutschland mit 770 Milliarden | |
Euro belastet. Darin enthalten seien die Risiken aus den Rettungsfonds, die | |
Anleihen der Europäischen Zentralbank und 400 Milliarden Euro an | |
Forderungen, die Deutschland über das europäische Abwicklungssystem Target | |
gegenüber den Krisenländern aufgebaut habe. | |
Der Präsident des Bayerischen Finanzzentrums, Wolfgang Gerke, nannte den | |
Austritt Griechenlands aus dem Euro unvermeidbar. „Je länger damit gewartet | |
wird, desto mehr wird es kosten“, sagte er der Schweriner Volkszeitung. | |
„Wenn jetzt Ratingagenturen wie Moody's vonseiten der Bundesregierung | |
kritisiert werden, ist dies eine billige Ablenkung.“ | |
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) meinte, wenn | |
Griechenland mit seiner Restrukturierung nicht vorankomme, „wären | |
finanziellen Hilfen Leistungen in ein Fass ohne Boden. Das geht nicht, und | |
Griechenland selbst müsste dann die Konsequenzen ziehen“, sagte Seehofer | |
der Passauer Neuen Presse. Die CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt | |
sagte dem Straubinger Tagblatt: „Es kann keine neuen Hilfspakete für | |
Griechenland geben und auch keine Zugeständnisse inhaltlicher Art oder auf | |
der Zeitachse.“ | |
25 Jul 2012 | |
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