# taz.de -- Chinesische Fanartikel für Olympia: Maskottchen aus dem Sweatshop | |
> „Grün und nachhaltig“ sollen die Spiele in London sein. Das | |
> Organisationskomitee hat diesen Slogan ausgegeben – und Fanartikel in | |
> chinesischen Sweatshops bestellt. | |
Bild: Bei der Billigproduktion der Maskottchen Wenlock und Mandeville hat es of… | |
PEKING taz | Wenlock und Mandeville sind aus glänzendem Stahl, haben | |
jeweils nur ein großes Auge, dafür aber orangefarbene Leuchten auf dem | |
Kopf, die an die Lichter der britischen Taxis erinnern. Ein in England | |
bekannter Kinderbuchautor hat die Entstehungsgeschichte des Londoner | |
Olympia-Maskottchens und seines Paralympics-Partners geschrieben und auch | |
einen Film dazu gedreht. | |
Diesem Film zufolge wurden sie aus den letzten Tropfen flüssigen Stahls | |
gegossen, die nach der Fertigstellung des Olympiastadions in London übrig | |
geblieben sind. In Wirklichkeit aber beginnt das Leben von Wenlock und | |
Mandeville in chinesischen Sweatshops. | |
140 Überstunden im Monat und mehr müssen die Arbeiterinnen und Arbeiter in | |
mindestens zwei Fabriken in der südchinesischen Provinz Guangdong leisten, | |
um Plüschabbilder der Maskottchen für die Londoner Spiele zu nähen und | |
auszustopfen. Das zeigt eine Untersuchung der in Hongkong ansässigen | |
Arbeitsschutzorganisation [1][Sacom] (Students and Scholars Against | |
Corporate Misbehaviour). | |
Dabei lässt auch das chinesische Gesetz monatlich nicht mehr als 36 | |
Überstunden zu. Die Arbeiter müssten um acht Uhr morgens ihre Schicht | |
beginnen, nachdem sie zuvor bis Mitternacht gearbeitet hätten, kritisierte | |
eine Sprecherin von Sacom. Zudem werde ihnen der Lohn von anderthalb Tagen | |
gestrichen, wenn sie fünf Minuten zu spät seien. Insgesamt erhielten sie | |
umgerechnet nicht einmal acht Euro pro Arbeitstag. Angesichts der | |
steigenden Lebenshaltungskosten ist das auch für südchinesische | |
Verhältnisse zu wenig. | |
Die miserablen Produktionsbedingungen werfen ein schlechtes Licht auf die | |
chinesischen Behörden. Sowohl die Zentralregierung in Peking als auch die | |
Provinzregierung von Guangdong hatten bereits vor zwei Jahren versprochen, | |
die Arbeitsbedingungen deutlich zu verbessern. Den gesetzlichen Mindestlohn | |
haben sie tatsächlich erhöht und die Unternehmer immer wieder angemahnt, | |
die Arbeitsschutzbestimmungen einzuhalten, die inzwischen durchaus mit | |
denen in Europa mithalten können. | |
## Giftige Dämpfe und verfärbter Speichel | |
Doch wie die Sacom-Studie zeigt, ist die Realität immer noch eine andere. | |
Was die beiden Fabriken in Dongguang und Shenzhen betrifft, prangert Sacom | |
auch den mangelnden Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz an. Die Arbeiter | |
seien ohne ausreichende Schutzkleidung ständig giftigen Dämpfen ausgesetzt, | |
sodass sich bei einigen von ihnen bereits der Speichel verfärbt habe. Viele | |
von ihnen müssten Schutzmasken selbst kaufen. | |
Eine Mitschuld gibt Sacom aber auch dem Organisationskomitee für die | |
Olympischen Spiele in London (Locog), das die Herstellung immerhin in | |
Auftrag gegeben hat. Mit der Bestellung bei diesen beiden Firmen habe sie | |
gegen selbst formulierten Richtlinien verstoßen, nach denen die Spiele in | |
London „grün und nachhaltig“ werden sollen – was wiederum zeige, dass sie | |
nicht mehr als „Lippenbekenntnisse“ seien. | |
Allein mit den einäugigen Figuren Wenlock und Mandeville wollen die | |
Veranstalter in London in den kommenden drei Wochen umgerechnet rund 17,4 | |
Millionen Euro verdienen, mit dem Verkauf von Fanartikeln insgesamt sogar | |
70 bis 80 Millionen Euro. | |
25 Jul 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://sacom.hk/ | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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