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# taz.de -- Geschichte der Olympischen Spiele: „Friedensbewegung war ein Impu…
> Sportwissenschaftler Wolfgang Decker erklärt, weshalb die Entstehung der
> Spiele nicht allein Gründer Coubertin zu verdanken ist. Und was sie mit
> dem Oktoberfest zu tun haben.
Bild: Die Olympia Looping-Achterbahn wurde zum ersten Mal beim Oktoberfest 1989…
taz: Herr Decker, haben wir Pierre de Coubertin die Olympischen Spiele der
Neuzeit zu verdanken?
Wolfgang Decker: Nein, nicht nur. Wir sollten Coubertin von seinem Sockel
herunterholen.
Die Wiederaufnahme der Spiele im Jahre 1896 verbindet man aber mit dem
Namen Coubertin.
Man tut zu sehr so, als hätte es zwischen der Antike und dem 19.
Jahrhundert nichts gegeben. Ich sehe die Spiele von 1890 als Endpunkt einer
Kette, die bereits mit dem Wiederentdecken griechischer Ideale in der
Renaissance begann. Es gab immer wieder Versuche, die Olympischen Spiele
wiederzubeleben, in England, Schweden, Frankreich. Aber die direkten
Vorläufer gab es dann in Griechenland selbst.
Sie meinen die Olympien?
Ja, die auch, das waren die nationalen Olympischen Spiele unter der
Schirmherrschaft von Evangelos Zappas. Die wurden seit 1859 viermal in
Athen ausgetragen. Ihnen wurde nie der Stellenwert zuerkannt, den sie
hatten.
Wie sahen diese Olympien damals aus?
Sie waren eher Messen als Sportveranstaltungen. Zappas gründete eine
Stiftung namens „Zukunft olympischer Spiele“, daraus entstanden die
Olympien. Sie haben sich auch an den Weltausstellungen orientiert. Es ging
um die nationale Identität der Griechen. Aber ein Sonntag gehörte ganz dem
Sport: Laufdisziplinen, Speer- und Diskuswurf, das antike Programm.
Die Olympien sollen sich angeblich auch am frühen Münchner Oktoberfest
orientiert haben. Stimmt das?
Ja, da ist eine gewisse Beziehung, auch beim Oktoberfest gab es ja
zwischenzeitlich sportlich-spielerische Wettkämpfe wie Pferderennen, Kegeln
oder Klettern. Für noch wichtiger als die Olympien halte ich aber die
früheren Pläne Griechenlands von 1835.
Welche waren das?
Zur Gründung des modernen griechischen Staates unter König Otto gab es
einen Entwurf für olympische Spiele, ein Memorandum. Wie die antiken
Nationalfeste sollten die aussehen, es lag ein völlig ausgearbeiteter Plan
vor, der dann aber in der Schublade verschwunden ist. Es gab lediglich eine
Generalprobe in Athen 1835. Jährlich sollten Wettkämpfe stattfinden, mit
den Schwerpunkten Wagenrennen, Pferderennen und Laufen. Auch für die besten
Leistungen in Philosophie, Literatur und Malerei sollten Preise vergeben
werden.
Da hätte man also den stärkeren kulturellen Bezug aus der Antike.
Ja, später gab es bei den Olympischen Spielen ja auch Kunstwettbewerbe,
zwischen 1912 und 1948. In den fünf Bereichen Architektur, Literatur,
Musik, Malerei und Bildhauerei wurden Werke ausgezeichnet, die in
Zusammenhang mit dem Sport standen.
Auch das eine Idee Coubertins.
Ja, nach antikem Vorbild, das sich in diesem Fall jedoch nicht auf Olympia
bezieht. Grundsätzlich kann man die Einführung der Olympischen Spiele nicht
auf eine Person beschränken. Fraglos ist Coubertin der Gründer. Die geniale
Idee war es einfach, das zu internationalisieren.
Welches Motiv stand bei Coubertin im Vordergrund bei der Neugründung der
Spiele? War es wirklich die angestrebte Völkerverständigung oder stand, wie
oft behauptet, das Motiv der Ertüchtigung der französischen Wehrkräfte
dahinter?
Beides spielte eine Rolle. Nachdem die Franzosen aus dem
Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 als Verlierer hervorgegangen waren,
sprach auch Coubertin davon, man müsse nun Frankreich in neuem Glanz
erstrahlen lassen. Seine nationale Idee ging aber Hand in Hand mit einer
Idee der Völkerverständigung. Coubertin war ein intellektueller Freigeist.
Mit 31 Jahren, im Jahr 1894, hat er bereits das Internationale Olympische
Komitee (IOC) gegründet.
Hat Coubertin denn später überhaupt noch eine große Rolle gespielt?
Man darf nicht vergessen, dass er von 1896 bis 1925 ununterbrochen
Präsident des IOC war. Das ist die längste Amtszeit bisher. Wenn er das
nicht so lange in der Hand gehabt hätte, wäre die olympische Bewegung
meiner Meinung nach wieder im Sande verlaufen.
Gibt es ein auslösendes Moment für die Gründung der Olympischen Spiele?
Ein Moment vielleicht nicht – die Friedensbewegung war ein Impuls zur
Gründung der Spiele. Der Sport sollte die Völker zusammenbringen.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es eine erstarkende
Frauensportbewegung. Warum waren Frauen 1896 noch nicht dabei, sondern erst
1900 in Paris?
Coubertin begründete das mit dem historischen Vorbild, wo ja auch keine
Frauen dabei waren – nur als Pferdezüchterinnen konnten sie damals passiv
Olympiasiegerinnen werden. Andererseits war die Frauensportbewegung Ende
des 19. Jahrhunderts noch ein zartes Pflänzchen, das nahm man noch nicht
ernst. Die Kernsportart Leichtathletik kam prägnanterweise für Frauen auch
erst 1928, nach Coubertins Zeit, ins Programm.
Was für ein Mensch war Coubertin?
Er war Humanist, ein gebildeter Kosmopolit. Und er war ein großer Reformer,
wenn nicht Utopist. Er hat sportpädagogische Gesellschaften, er hat sogar
Arbeiteruniversitäten gegründet, die nicht so sehr erfolgreich waren. Er
hat über den Sport pädagogische Ziele anvisiert, über seinen Einsatz für
den Schulsport, den Leistungssport und natürlich den Olympismus.
26 Jul 2012
## AUTOREN
Jens Uthoff
Jens Uthoff
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