| # taz.de -- Olympiafunktionär verurteilt: Doktor Jungwirths schwarze Kasse | |
| > Der langjährige Generalsekretär des österreichischen Olympiakomitees muss | |
| > wegen Untreue 5 Jahre ins Gefängnis. Das ergaunerte Geld hat er | |
| > verprasst. | |
| Bild: Heinz Jungwirth fühlt sich als Sündenbock | |
| WIEN taz | Österreichs olympische Medaillenhoffnungen sind bisher | |
| untergegangen, vom Platz gefegt oder auf die Matte gedrückt worden. | |
| Schlagzeilen macht hingegen Olympionike Heinz Jungwirth, der am Dienstag | |
| von einem Schöffensenat in erster Instanz zu 5 Jahren Haft verurteilt | |
| wurde. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. | |
| Jungwirth, 61, hat in der Dauersportart des Sesselklebens | |
| Rekordverdächtiges geleistet. 26 Jahre lang amtierte er als Generalsekretär | |
| des Österreichischen Olympischen Comités (ÖOC), bis er vor dreieinhalb | |
| Jahren Gerüchte über sein unorthodoxes Finanzgebaren seinen Rücktritt | |
| erzwangen. Vergangenen Mai musste er vor dem Landesgericht Wien antreten, | |
| das den Langzeitfunktionär jetzt der Untreue für schuldig befand. 3,3 | |
| Millionen Euro soll er aus der Vereinskasse umgeleitet haben. | |
| Richter Georg Olschak konnte sich den Kommentar nicht verkneifen: „Wenn man | |
| sich den Lebenswandel von Doktor Jungwirth ansieht, kann man sich | |
| vorstellen, wo die Beträge gelandet sind.“ Er spielte auf die mit | |
| Luxuskarossen und Oldtimern gefüllte Garage und die 10 Pferde an, die in | |
| der privaten Reithalle nördlich von Wien stehen. | |
| Jungwirth leugnete nicht, Geld des ÖOC abgezweigt zu haben, doch beteuerte | |
| er, er hätte alles wieder zurückgezahlt. Deshalb plädierte er bis zuletzt | |
| auf „nicht schuldig“. An seiner Verteidigungslinie hielt er fest, auch | |
| nachdem ein Sachverständiger aufgelistet hatte, dass 3,6 Millionen Euro | |
| Verrechnungskonten und ein Sparbuch den ÖOC „verlassen“ hätten und | |
| teilweise unmittelbar „in die Privatsphäre Jungwirths geflossen“ seien. | |
| ## Nicht-öffentliche Dinge finanziert | |
| Jungwirth soll 2,23 Millionen Euro in bar abgehoben und davon 874.000 | |
| eingesackt haben. Unerlaubte private Nutzung von Fahrzeugen und Handys | |
| sowie Finanzierung privater Flugreisen im Wert von 70.000 Euro sind da | |
| vergleichsweise Peanuts. Im Zuge des Prozesses wurde offenkundig, mit | |
| welcher Nonchalance im ÖOC offizielle und schwarze Konten parallel geführt | |
| wurden, wie freihändig der Generalsekretär über enorme Summen verfügen | |
| konnte. | |
| Die schwarze Kasse sei notwendig gewesen, um Dinge zu finanzieren, mit | |
| denen man die Öffentlichkeit nicht belasten wollte, etwa die Einladung des | |
| weißrussischen Autokraten Alexander Lukaschenko, als Salzburg sich – | |
| letztendlich erfolglos – um die Austragung der Olympischen Winterspiele | |
| bewarb. | |
| ÖOC-Präsident war damals der Chef der Casinos Austria, Leo Wallner. Der | |
| hatte sich für die Finanzen nie besonders interessiert, wie er vor Gericht | |
| aussagte, will nichts bemerkt haben und kann sich an vieles nicht erinnern. | |
| ## „Das ÖOC bin ich“ | |
| Jungwirth sieht sich als Sündenbock: „Wallner war für die Sonnenseiten des | |
| Lebens zuständig, ich für den Regen und Mist. Jetzt muss ich dafür büßen.�… | |
| Es sei „halt eine fatale Geschichte, wenn Beteiligte und Vorgesetzte die | |
| Erinnerung verlässt“, haderte er nach der Verhandlung mit seinem Schicksal. | |
| Jungwirth, ein studierter Lehrer, war 1981 zum ÖOC gestoßen, als | |
| IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch den Amateurzwang bei Olympiasportlern | |
| entsorgte und das IOC dem Trend zur Gewinnmaximierung anpasste. Jungwirth | |
| machte eifrig mit. Georg Olschak, der Richter mit der Neigung zum Bonmot, | |
| warf ihm vor, er habe nach der Devise „Das ÖOC bin ich, mit dem Geld mach' | |
| ich, was ich will“ gehandelt. | |
| 1 Aug 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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