# taz.de -- EU-Kommission gegen Zinsmanipulation: Mindeststrafen für „Bankst… | |
> Brüssel zieht mit einer Richtlinie Konsequenzen aus dem Libor-Skandal. Es | |
> soll ein europaweites Mindeststrafmaß geben. In den USA rollt bereits | |
> eine Klagewelle. | |
Bild: Illegales Gewinnstreben: Ex-Barclays Chef Bob Diamond werden Zinsmanipula… | |
BRÜSSEL taz | Die EU-Kommission will nach dem Skandal um manipulierte | |
Zinssätze ein Zeichen setzen. Die Libor-Affäre habe eine „völlige | |
Abwesenheit von Moral“ offenbart, sagte Binnenmarktkommissar Michel Barnier | |
am Mittwoch in Brüssel. Die Manipulation von Zinssätzen und anderen | |
bankinternen Werten müsse „rücksichtslos bestraft“ werden. | |
Noch deutlichere Worte fand Justizkommissarin Viviane Reding. Der Skandal, | |
der Ende Juni durch Enthüllungen bei der britschen Barclay’s Bank ausgelöst | |
worden war, unterwandere das Vertrauen in die Finanzmärkte, sagte sie. | |
Einige Banker hätten sich wohl eher wie „Bankster“ verhalten, und manche | |
Geldinstitute erinnerten sie an ein „korruptes Casino“. Es dürfe daher | |
keine Regulierungslücken mehr geben, erklärte Reding. | |
Der Libor ist ein Zins, der einmal täglich in London ermittelt wird. Er | |
beruht auf den von den Banken gemeldeten Refinanzierungskosten und ist | |
Basis für weltweite Finanztransaktionen wie Hypotheken und Derivate im | |
Volumen von mehr als 500 Billionen Dollar. Gut ein Dutzend Großbanken | |
stehen im Verdacht, den Libor und das Pendant in der Eurozone, den Euribor, | |
durch falsche Angaben zu ihrem Vorteil verzerrt zu haben. | |
In den USA und in Europa ermitteln bereits die Strafverfolgungsbehörden. | |
Allerdings ist es bisher noch nicht zu Verurteilungen gekommen. In Europa | |
wird die Verfolgung durch unterschiedliche nationale Gesetze behindert. Das | |
wollen Barnier und Reding nun ändern. Sie schlugen vor, dass | |
Zinsmanipulationen künftig EU-weit strafrechtlich verfolgt werden. Außerdem | |
forderten sie die 27 EU-Staaten auf, die neuen Regeln schnell umzusetzen. | |
## Behörden sollen keinen Schaden nachweisen müssen | |
Da das Justizwesen weitgehend nationale Kompetenz ist, schlägt die | |
Kommission zunächst kein Strafmaß vor. Nach vier Jahren will sie aber | |
evaluieren, ob europaweit ein Mindeststrafmaß festgelegt werden muss. Eine | |
Bestrafung der „Bankster“ soll möglich sein, ohne dass die Behörden | |
schädliche Folgen der Manipulation nachweisen müssten. Dies sei | |
wahrscheinlich kaum möglich, erklärte die EU-Kommission. | |
Der Schaden entsteht nämlich nicht nur bei den Banken, die Libor und | |
Euribor als Grundlage für ihre Geschäfte nehmen. Er entsteht auch bei den | |
Kunden, deren Zinsen für Kredite und Spareinlagen an die sogenannten | |
Benchmarks gebunden sind. In den USA klagen sogar Feuerwehrleute gegen die | |
Banken, weil sie die Manipulationen für Kürzungen im Kommunalbudget | |
verantwortlich machen. | |
Viele US-amerikanische Gemeinden hatten ihre Geschäfte an den Finanzmärkten | |
abgesichert und fühlen sich jetzt durch den Libor-Skandal geschädigt. In | |
den USA baue sich eine „gigantische Klagewelle“ gegen die | |
Zinsmanipulationen auf, schreibt die Financial Times Deutschland. | |
Davon ist in Europa noch nichts zu sehen. Doch es stellt sich die Frage, ob | |
nicht auch andere wichtige Werte wie die Zinsen an den Anleihemärkten | |
manipuliert worden sind. Diese sogenannten Spreads entscheiden über das | |
Schicksal ganzer Länder, derzeit steht Spanien wegen hoher Zinsen auf der | |
Kippe. Dazu wollten Barnier und Reding nichts sagen. Barnier deutete | |
lediglich an, dass man „alle Benchmarks“ überprüfen werde. | |
26 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
## TAGS | |
Libor | |
Bankenaufsicht | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Skandal um Leitzinssätze: Auf Kosten des Steuerzahlers | |
Auch öffentliche Banken sollen die privaten Leitzinssätze Libor und Euribor | |
manipuliert haben. Strafen müsste also der Staat tragen. | |
Versteckte Kosten von Finanzprodukten: Großbritannien legt Gebühren lahm | |
Die Regierung in London geht gegen überhöhte Provisionen für Banken vor. | |
Manche hoffen auf eine grundlegende Veränderung des Geschäfts. | |
Banken droht Gerichtstermin: Erste Sammelklage in Libor-Affäre | |
US-Hausbesitzer haben zwölf Großbanken verklagt. Die Geldhäuser sollen | |
durch die Manipulation des Libor-Zinssatz die Hypothekenzinsen verteuert | |
haben. | |
Libor-Skandal: Drei europäische Banken im Zentrum | |
Bei den Zinsmanipulationen im sogenannten Libor-Skandal konzentrieren sich | |
die Ermittler vor allem auf drei Banken: die RBS, die Schweizer UBS und die | |
britische Barclays. | |
Euroretter fürchten Kettenreaktion: Die Währung heißt Angst | |
Hektische Aktionen zur Eurorettung: Athen bereitet ein weiteres | |
milliardenschweres Sparpaket vor. Die EZB könnte bald wieder mit dem Kauf | |
von Staatsanleihen beginnen. | |
Kommentar EU-Kommission: Abschaffen statt Haftstrafen | |
Euribor und Libor gibt es nur, weil die Zinsmärkte nicht wie Aktienmärkte | |
funktionieren. Statt mit Haftstrafen für Zinssatzmanipulation zu drohen, | |
sollten sie abgeschafft werden. | |
EU will gegen Zinsmanipulierer vorgehen: Auch Bankern soll Gefängnis drohen | |
Die EU-Kommission will Zinsmanipulierer künftig mit hohen Geld- und | |
Haftstrafen abschrecken. Die unterschiedlichen Regelungen in den | |
EU-Mitgliedsstaaten bieten vielfältige Schlupflöcher. | |
Ex-Manager gibt Fäschungen zu: Barclays Befehlsempfänger | |
Im Skandal um die Manipulation des Leitzinses Libor hat ein Ex-Manager der | |
britischen Bank Barclays Fälschungen zugegeben. Die Weisung dazu kam | |
scheinbar vom damaligen Chef. |