# taz.de -- UN-Konferenz zum Waffenhandel: Die USA verweigern die Kontrolle | |
> Auch das verwässerte UN-Abkommen zum Waffenhandel ist von den USA und | |
> acht anderen Ländern abgelehnt worden. NGOs finden die „Feigheit“ der USA | |
> verblüffend. | |
Bild: Friedhof des Protests: Täglich sterben weltweit 2.000 Menschen durch Han… | |
GENF taz | Der milliardenschwere internationale Waffenhandel bleibt bis auf | |
Weiteres unreguliert. Die New Yorker Schlussverhandlungen der 193 | |
UNO-Staaten über ein Abkommen zur Kontrolle und Eindämmung der Ex- und | |
Importe von Rüstung und Munition (ATT) scheiterten in der Nacht zum Samstag | |
am Widerstand von lediglich neun Ländern unter Führung der USA. Ob, wann | |
und in welchem Rahmen die Bemühungen um ein Abkommen fortgesetzt werden, | |
ist noch unklar. | |
Zu Beginn des letzten Verhandlungstags am Freitagmorgen hatte zunächst die | |
US-Delegation erklärt, sie könne dem am Dienstag nach einem über | |
sechsjährigen Verhandlungsprozess vorgelegten Entwurf für ein Abkommen | |
nicht zustimmen, weil sie „mehr Beratungszeit“ benötige. Dieser | |
Verweigerungshaltung schlossen sich im Laufe des Tages Russland, China, | |
Kuba, Venezuela, Nordkorea, Iran, Syrien und Ägypten an. | |
Für die Annahme des Vertragsentwurfs wäre der Konsens aller 193 | |
Teilnehmerstaaten der Verhandlungen erforderlich gewesen. Diese prozedurale | |
Regel hatten die USA und andere Länder bei der letzten | |
Vorbereitungskonferenz für die New Yorker Verhandlungen im Februar | |
durchgesetzt. | |
Bei Nichtregierungsorganisationen (NGOs) stieß insbesonders die Haltung | |
Washingtons auf scharfe Kritik. „Der mangelnde Mut der | |
Obama-Administration, diesen Vertrag heute zum Abschluss zu bringen, wird | |
das Leben von hunderttausenden Menschen kosten, die künftig Opfer eines | |
weiterhin unregulierten Waffenhandels werden“, erklärte Scott Stedjan von | |
Oxfam. | |
Die Direktorin von Amnesty International USA, Suzanne Nossel, bezeichnete | |
die US-Haltung „als verblüffende Feigheit der Obama-Regierung, die in | |
letzter Minute eine Kehrtwendung machte“. Es sei „ein atemberaubender | |
Verzicht auf Führung durch den weltweit größten Exporteur konventioneller | |
Waffen, nur knapp vor einem historischen Durchbruch die Verhandlungen | |
platzen zu lassen“. | |
## Ständige Drohungen von den USA | |
Die Verblüffung vieler NGOs war umso größer, weil die USA – während des | |
gesamten Verhandlungsprozesses mit der ständigen Drohung, einen ihr nicht | |
genehmen Vertragsentwurf bei der Schlussabstimmung abzulehnen, entweder im | |
Alleingang oder in wechselnden Allianzen mit Russland und China – Syrien, | |
Iran und anderen Ländern bereits zahlreiche Schlupflöcher und | |
Ausnahmeregeln für bestimmte Waffensysteme und für Munition durchgesetzt | |
hatte. Gemeinsam verhinderten Washington, Moskau und Peking auch, dass in | |
den Vertragsentwurf verbindliche menschenrechtliche und | |
entwicklungspolitische Genehmigungskriterien für die Lieferung von Waffen | |
aufgenommen wurden. | |
Angesichts dieses schwachen Entwurfs war in New York zunächst erwartet | |
worden, dass solche Staaten ihre Zustimmung verweigern würden, die – wie | |
vor allem die Länder Afrikas und Mittelamerikas – ein stärkeres Abkommen | |
angestrebt hatten. Auch aus den Delegationen Deutschlands und anderer | |
westlicher Staaten hieß es, die USA hätten „den Prozess entgleisen“ lasse… | |
Vor der Präsidentschaftswahl werde nichts mehr in der Sache passieren. | |
Der argentinische Konferenzvorsitzende der New Yorker Verhandlungen, | |
Roberto García Moritán, setzt darauf, dass die UNO-Generalversammlung im | |
Herbst über den zunächst gescheiterten Vertragsentwurf abstimmt. Für eine | |
Verabschiedung reicht dort die einfache Mehrheit der 193 Mitgliedstaaten. | |
Einer Abstimmung über den derzeitigen Vertragsentwurf in der | |
UN-Vollversammlung erteilten die USA aber bereits eine Absage. | |
Der Text enthalte „beachtliche Fortschritte“, bedürfe aber „einer weiter… | |
Überarbeitung“, erklärte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria | |
Nuland. Eine andere Option wären neue Verhandlungen außerhalb des | |
UNO-Rahmens, initiiert durch Länder, die Interesse an einem starken | |
Abkommen haben. So sind auch die beiden Verbotsabkommen für | |
Antipersonenminen und Streubomben zustande gekommen. | |
29 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Zumach | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Syrien | |
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