# taz.de -- Fahrraddemo gegen Olympia in London: Tränengas für die Kritiker | |
> Fahrraddemonstranten protestieren gegen Olympia und werden festgenommen. | |
> Nun erhalten sie Hilfe von der Chefin von „Liberty“, die bei der | |
> Eröffnung die Olympiafahne trug. | |
Bild: Ber der Olympia-Eröffnung festgenommen: „Critical Mass“ – Demonstr… | |
LONDON taz | Wer am Freitag die Olympiaeröffnung sah, konnte dort Shami | |
Chakrabarti kennen lernen. Die 43-Jährige war eine der acht Ausgewählten, | |
welche die Olympiafahne trugen. Sie leitet die britische | |
Menschenrechtsorganisation „Liberty“. Am Tag danach schrieb sie im Guardian | |
über ihr Olympiaerlebnis: „In China werden Menschenrechtler eingesperrt, | |
und hier dürfen sogar die, die am meisten irritieren, die Olympiafahne | |
tragen.“ | |
Während Chakrabarti im Olympiastadio zusammen mit UN-Generalsekretär Ban Ki | |
Moon und anderen Prominenten die Fahne trug, wurden draußen hunderte von | |
Demonstranten eingekesselt. Es gab 182 Festnahmen, 178 davon wurden wieder | |
auf Kaution ausgesetzt, gegen vier Demonstranten wurden Verfahren | |
eingleitet. Sie hatten sich per Fahrrad durch London bewegt, für „Critical | |
Mass“, eine weltweite monatliche Fahraddemo mit Ursprung San Francisco. | |
In London dürfen sich die Radfahrerdemonstranten normalerweise relativ frei | |
bewegen, es gab auch schon einen Gerichstentscheid, dass Critical Mass ihre | |
Fahrradroute entgegen den Wünschen der Polizei nicht festlegen müsste. Am | |
27. Juli hat die Londoner Polizei aber doch unter Verweis auf das Gesetz | |
zur öffentlichen Ordnung Bedingungen gestellt. | |
Nach ihrer Darstellung waren nämlich auf dieser Critical Mass | |
außergewöhnlich viele Teilnehmer: bis zu 500 statt der üblichen 100. Sie | |
nahm an, daß sich unter ihnen auch andere als die üblichen | |
Fahrraddemonstranten befanden. Tatsächlich nahmen diesmal nicht nur die | |
teil, die für mehr Fahrräder und weniger Autos auf Londons Straßen radeln, | |
sondern auch bekannte Olympiakritiker. | |
## Sonderstraßenspuren für Prominente | |
Critical Mass wurde auferlegt, auf der Südseite der Themse zu bleiben und | |
nicht die Sonderstraßenspuren für Olympia-Prominente zu befahren. Dennoch | |
versuchten einzelne Fahrradfahrer, die Waterloo-Brücke Richtung Nordseite | |
der Themse zu überqueren. | |
Dabei kam es zu ersten handfesten Kontakten mit der Polizei. Auf | |
Handy-Kameraaufnahmen sieht man drei Polizisten, die einen Fahrradfahrer | |
wegdrücken, eine sich der Festnahme wehrende Demonstrantin und einen | |
übergewichtigen Mann, der sich aus seinem motorisierten Rollstuhl hebt und | |
sich auf den Polizeibeamten wirft, um dieser Demonstrantin zur Hilfe zu | |
kommen. | |
Das führte dann zum Einsatz von Tränengas. Trotzdem kamen die Fahrradfahrer | |
durch, überquerten die Themse und waren etwa eine halbe Stunde später in | |
Stratford beim Olympiagelände. Nachdem sie an Olympiabesuchern | |
vorbeigefahren waren, kamen Einsatzwagen und kesselten die Radfahrer in | |
eine Sackgasse. | |
Dort kam es dann zu den Festnahmen und die Critical Mass endete statt | |
beschwinglich auf dem Fahrrad in einem der von der Polizei ausgeliehenen | |
roten öffentlichen Stadtbusse, der zur Wache fuhr. | |
## In normalen Bussen abkutschiert | |
Vielleicht sah das nach außen hin besser aus, wenn man die Leute in | |
normalen Bussen abkutschiert statt in Polizeiwannen. Die Festgenommenen | |
blieben bis Anbruch des nächsten Tages auf der Wache, mussten sogar | |
DNA-Speichelproben abgeben. | |
Wer sich danach noch aufrecht halten konnte, las am Samstag Chakrabartis | |
Hymne auf Olympia und konnte es nicht fassen. Chakrabartis Organisation | |
Liberty hilft nun aber denen, die jetzt unter Kaution frei sind und die | |
sich bis Mitte September von jeglichem Olympiagelände fernzuhalten haben. | |
31 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn | |
Daniel Zylbersztajn | |
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