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# taz.de -- Linke wirbt für Rot-Rot-Grün: Gewisse Feindseligkeiten sein lassen
> Rot-Rot-Grün hat nicht gerade Konjunktur, aber Katja Kipping, Chefin der
> Linkspartei, wirbt trotzdem für die Koalition. Und rudert am nächsten Tag
> sanft zurück.
Bild: Will die vermuffte Partei durchlüften: Parteichefin Katja Kipping.
BERLIN taz | Katja Kipping weiß nicht genau, wo sie hinschauen soll –
geradeaus in die TV-Kameras oder seitlich zu den Journalisten, die Fragen
stellen. Sie ist seit gut zwei Monaten Chefin der Linkspartei und noch neu
im Geschäft. Jetzt berichtet sie im Berliner Karl-Liebknecht-Haus von der
Sitzung des Parteivorstands am Wochenende.
An ein paar Details merkt man, dass dieser Job ungewohnt für sie ist ist.
Angela Merkel solle CSU-Mann Markus Söder wegen seines rüden
Griechenland-Bashings „zurückrufen“, sagt sie. Und meint eher
zurückpfeifen. Manches klingt seltsam gestelzt, etwa wenn sie sagt, dass
„wir die Reichensteuer ganz außerordentlich begrüßen“. Wo die neue Chefin
mit der Linkspartei hin will, ist allerdings schon eher zu erkennen: Sie
will die vermuffte Partei gründlich durchlüften.
Die Bankenkritik von SPD-Chef Sigmar Gabriel, sagt die Linkenvorsitzende,
war „eine angenehme Überraschung“. Das ist, nach den lautstarken
Anti-SPD-Tiraden von Ex-Linkspartei-Chef Klaus Ernst, ein recht ungewohnter
Ton im Karl-Liebknecht-Haus. Natürlich fügt Kipping hinzu, das es nicht
reicht, „wenn Gabriel links blinkt, aber nicht links abbiegt“. Aber die
Zeit der hämmernden, verbissenen Kritiksalven Richtung Sozialdemokraten
scheint vorbei.
„Wir wären sofort bei einer rot-rot-grünen Regierung dabei, die
Waffenexporte verbietet, einen Mindestlohn einführt und die
Hartz-IV-Sanktionen abschafft“, hatte die Linken-Chefin einer Zeitung
gesagt. Und man solle doch „gewisse Feindseligkeiten“ sein lassen. Auch
Kippings Ko-Chef Bernd Riexinger legt in letzter Zeit Wert auf die
Feststellung, dass er nie in der SPD war. Offenbar will das neue
Führungsduo den rhetorischen Abnutzungskrieg beenden, den
Linkspartei-Genossen und Ex-SPDler wie Klaus Ernst und Ulrich Maurer gegen
die Sozialdemokraten pflegen.
Rot-Rot-Grün hat derzeit allerdings nicht gerade Konjunktur. In Hessen, im
Saarland und in Thüringen waren rot-rot-grüne Landesregierungen in den
vergangenen vier Jahren mal möglich. Aber mal scheiterte es an rechten
SPD-Dissidenten, mal an störrischen Grünen, mal an persönlichen Reibereien.
Der Beweis, dass Rot-Rot-Grün funktioniert, steht aus. Nur die Städte
Lübeck, Duisburg und Saarbrücken werden rot-rot-grün regiert. Im Bund sind
die Sozialdemokraten unter Gabriel sogar stärker als je zuvor auf
Abgrenzung zur Linkspartei bedacht.
## Und noch ne Bedingung
Kipping rudert am Montag in Sachen Rot-Rot-Grün sanft wieder zurück.
Eigentlich, sagt sie, dass Waffenexporte zu verbieten, den Mindestlohn
einführen und Hartz-IV-Sanktionen aufheben der Linkspartei doch nicht
reicht, um Rot-Grün möglicherweise zu unterstützen. Kein Kriegseinsatz der
Bundeswehr komme natürlich noch dazu. Und alles was im Parteiprogramm noch
als rote Linie für Regierungsbeteiligungen aufgeführt sei.
Ihr Ziel, so Kipping, sei es, das Defensive aus der Debatte zu bekommen.
„Wir wollen ein positives Reformprogramm formulieren“, sagt sie. Das ist
der Versuch, die stets gesinnungsfeste, mit Verratsvorwürfen und
Besserwisserei en masse geführte Diskussion über rote Linien in der
Linkspartei eine weniger abschreckende Richtung zu geben.
Es ist ein Versuch. Anfang September wird die Linkspartei ihre
Wahlstrategie fixieren. Dann wird man sehen, ob Kippings neue Tonart hörbar
bleibt. Mit SPD-Chef Gabriel hat sich die Katja Kipping noch nicht
getroffen. Der Weg von der Theorie rot-rot-grüner Annäherungen zum
Praxistest scheint offensichtlich weit zu sein.
6 Aug 2012
## AUTOREN
Stefan Reinecke
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