| # taz.de -- Kommentar Olympia: Warum gucken wir das bloß? | |
| > Ja, es gibt wichtigeres auf der Welt. Trotzdem gucken wir vereint | |
| > abseitige Sportarten, jubeln bei rhythmischer Sportgymnastik und weinen | |
| > beim Speervorkampf. | |
| Bild: Wir sind eine große Fernsehgemeinde: Public Viewing im Victoria Park | |
| Es ist fast ein Naturgesetz der Fernsehforschung: Wenn Olympische Spiele | |
| sind, versammelt sich das Publikum vor Bildschirmen, Computerscreens oder | |
| gar zum Public Viewing. So auch bei den Übertragungen aus London. Besonders | |
| ARD und ZDF übertreffen mit ihrer Rund-um-die-Uhr-Versorgung alle anderen, | |
| nichtsportlichen Programme. | |
| Auch [1][Eurosport], mit wesentlich geringerer Fokussiertheit auf deutsche | |
| Medaillenkandidaten, weiß um die Popularität dieser gut zweiwöchigen Show: | |
| Olympisches ist attraktiver als beinahe alles andere. Und das nicht nur in | |
| Deutschland, sondern überall in der Welt, wo Olympisches im Programm | |
| angeboten – „the games“ ziehen! | |
| Und das betrifft auch das aktuelle und neue Angebot von ARD und ZDF, | |
| etliche Übertragungen von Sportarten, die gerade nicht in die | |
| Hauptsendeschienen passen, via Livestream online zu senden: Auch hier | |
| sprechen die Zahlen für ein nachgerade leidenschaftliches Interesse an | |
| Wettkämpfen. Ob nun Vorrundenritte der [2][Dressur], [3][Wildwasserkanu] im | |
| Finale, junge dünne Frauen oder krass muskulierte Männer an [4][Ringen], | |
| [5][Barren] und am [6][Boden], [7][Marathonläufe] oder artistisch | |
| trainierte Halbnackte, die sich von [8][Türmen] und [9][Brettern] ins | |
| Wasser stürzen: Man guckt zu. | |
| Von Land zu Land verschieden gilt die Zuschauerobsession anderen | |
| Sportarten. In Kenia hat das leichtathletische Laufen mehr Zuspruch als das | |
| aus dortiger Sicht befremdliche Wasserball der Frauen. Oder das Schwimmen | |
| in Australien, das dort fast religiöse Verehrung genießt, rhythmische | |
| Sportgymnastik hingegen nicht – was sich wiederum aus [10][bulgarischer] | |
| Sicht anders herum verhält. Obwohl: Die möglicherweise in Europa | |
| existierende Idee, in Kenia würden nur LäuferInnen 'geboren', wurden schon | |
| beim Speervorkampf eines Anderen belehrt: ein Athlet aus der Vorstadt von | |
| Nairobi hat es sicher ins Finale geschafft. Dass er seine Werferausbildung | |
| in Finnland erhielt, spricht für ihn – und für die Globalisierung im | |
| Sportlichen. | |
| ## Alle können irgendwie gewinnen | |
| Wie man es dreht und wendet: Olympische Spiele sind eine Art televisionäre | |
| Gesamt-NGO, die mehr Menschen interessiert bindet als andere Entertainment- | |
| und Infoformate sonst. Wenn man sie nicht hätte, müsste man sie, als | |
| Menschen, die das gute Leben global im Sinn haben, fordern. Nichts scheint | |
| friedlicher zu stimmen als ein universell organisierter Wettkampf, bei dem | |
| potentiell alle irgendwie gewinnen können. Oder verlieren: tragisch, | |
| erwartbar oder überraschend. | |
| Das, präzise betrachtet, macht generell den Reiz von Sportübertragungen | |
| aus, wenn sie live gesendet werden: Dass man nicht weiß, wie es endet. Dass | |
| einE AußenseiterIn eineN FavoritIn bezwingen kann. Die Differenz zum | |
| allgemeinen Leben ist offenkundig: mehr oder weniger routiniert. Olympische | |
| Spiele, so gesehen, sind die Differenz zu Nachrichten aus, etwa aktuell, | |
| [11][Syrien]. Politisch sich verstehende Menschen würden natürlich nie | |
| sagen, dass sie diese syrische Dauermedienberieselung weder aushalten | |
| können noch wollen. | |
| Olympische Spiele bieten das Gegenprogramm: Wettkämpfe ohne Landminen, | |
| Artilleriebeschuss oder Bombenhagel. In London 2012 – wie in vier Jahren in | |
| Rio den Janeiro – scheint, typisch Olympia, eine Utopie auf. Rivalität aufs | |
| ausschließlich Sportliche. Das ist es, was dem Publikum, uns, bei den | |
| Übertragungen im Fernsehen Freude macht. | |
| 9 Aug 2012 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jan Feddersen | |
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