# taz.de -- Milleniumsspiele in Australien: Das grüne Vermächtnis von Sydney | |
> Das Olympiagelände in Sydney ist für seine Bewohner eine Oase. Die | |
> Austalier sind immer noch begeistert von den Milleniumsspielen. | |
Bild: Der Auftakt des olympischen Milleniumjahres 2000 | |
SYDNEY taz | Als das Olympiagelände für die Spiele 2000 in Sydney zum | |
ersten Mal ausländischen Journalisten gezeigt wurde, runzelten diese die | |
Stirn. „Das wird nie was“, murmelte ein amerikanischer Kollege nach einer | |
stundenlangen Wanderung durch ein altes Munitionsdepot, einen riesigen | |
Schlachthof und verwahrloste Fabrikgebäude mit rostenden Fässern, aus denen | |
hochgiftiges Dioxin und andere Chemikalien in Erdreich und Wasserwege | |
sickerten. | |
Heute breitet Sue Colburne dort eine Picknickdecke für ihr Baby Evan aus. | |
Sie wohnt im ehemaligen olympischen Dorf und liebt den grünen Stadtteil | |
Newington mit seinen ein- bis zweistöckigen Einfamilienhäusern und | |
Apartments. „Newington ist eine richtige Oase, mit kilometerlangen | |
Fahrradwegen, und die Fahrt mit der Fähre zur Arbeit ist wunderbar.“ | |
Christine Jurasz arbeitet schon seit über 20 Jahren in der Lagerhalle eines | |
Fuhrunternehmens um die Ecke und erinnert sich an die Zeit vor den | |
Olympischen Spielen. „Da gab’s hier gar nichts, nur Industrieruinen.“ | |
6,6 Milliarden Dollar haben die Olympischen Spiele gekostet. 2,1 Milliarden | |
Dollar zahlten die australischen Steuerzahler – oder 420 Dollar pro | |
Haushalt –, errechnete ein Team der Monash-Universität in Melbourne. Um die | |
Spiele zu finanzieren, sparte die Gastgeberregierung jahrelang im | |
Gesundheits- und Bildungsbereich. Professor John Madden schloss in der | |
Studie: „Alle Spiele kosten die Wirtschaft des Gastgeberlandes Geld.“ | |
## Relativ preiswertes Olympia | |
Die Millenniumsspiele in Sydney seien relativ preiswert gewesen. Doch der | |
erwartete Boom bei Wirtschaft und Tourismus sei ausgeblieben. Laut dem | |
Exchef der Olympiaorganisation von Sydney, Sandy Hollway, waren die Spiele | |
ein „wirtschaftliches Plus“. Initiativen wie der olympische „Business Clu… | |
hätten zu Investitionen und Geschäftsabschlüssen in Höhe von rund einer | |
Milliarde Dollar geführt. | |
Professor Madden weist darauf hin, dass es auch nicht wirtschaftlich zu | |
erfassende positive Aspekte der Spiele gebe. „Ohne sie hätte niemand das | |
industrielle, verseuchte Brachland in Sydneys Westen in einen grünen | |
Stadtteil umgebaut.“ | |
Seit den Millenniumsspielen wurde weiter am Abbau der Industriegifte im | |
Erdreich und den Schlämmen von Hombush Bay gearbeitet. 2011 wurde die | |
Entsorgung abgeschlossen. Nun wird auf dem Gelände ein neuer Stadtteil mit | |
Blick auf Bucht und olympischen Park gebaut. Samstags treffen sich | |
Tierliebhaber in den geschützten Feuchtgebieten der olympischen Parkanlage, | |
um bedrohte Froscharten und seltene Wasservögel zu beobachten. | |
Der neue Stadtteil ist, dank Olympia, zu einem Vorbild für Sydney geworden. | |
„Da wir die ’grünen Spiele‘ veranstalten wollten“, so der heutige Chef… | |
Olympiagelaendes, Alan Marsh, „gibt es hier überall Solaranlagen. Das | |
Wasser wird recycelt. Wir haben 430 Hektar Parkanlagen mit Busch und | |
kleinen Wäldern.“ In den Verwaltungsgebäuden des Olympiaparks haben sich | |
High-Tech-Unternehmen angesiedelt. 13.000 Menschen arbeiten dort. Die Royal | |
Agricultural Society nutzt ehemalige Sportstätten für ihre | |
landwirtschaftlichen Ausstellungen. Im alten Baseball-Stadion finden | |
Reiterspiele und Holzhackwettbewerbe statt. Rockkonzerte, Festivals, | |
Fußball- und Rugbyspiele füllen das Olympiastadion. | |
Trotz der Buchungen trägt sich das Stadion nicht. Gewinne aus anderen | |
Olympiastätten gleichen das aus. Aus dem olympischen Schwimmzentrum ist ein | |
gut laufendes Spaßbad mit Saunabereich geworden. Tausende Schulen und | |
Vereine buchen Tennisplätze, Gymnastikhalle und Schießstände. | |
Kritik an den Millienniumsspielen und ihren Folgen gibt es heute in Sydney | |
selten. In einem scheinen sich die sportverrückten Australier einig zu | |
sein: Die Olympischen Spiele waren eine tolle Party. Zum Teufel mit den | |
Kosten. | |
11 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Esther Blank | |
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