# taz.de -- Kommentar Rassismus bei der Polizei: Beschämend, aber folgenlos | |
> Auch nach neun Morden an Migranten beschäftigen sich die | |
> Sicherheitsbehörden nicht kritisch mit Rassismus in den eigenen Reihen. | |
> Was soll eigentlich noch passieren? | |
Deutschland hat aus der rechtsradikalen Mordserie der Thüringer Terrorzelle | |
nichts gelernt. Das ist das ernüchternde [1][Fazit eines Berichts], den die | |
Amadeu-Antonio-Stiftung in Auftrag gegeben und jetzt veröffentlicht hat. | |
Noch immer wird die rassistische Motivation von Übergriffen gegen Migranten | |
und zivilgesellschaftlichen Initiativen, die sie unterstützen, von Polizei | |
und Justiz am liebsten ignoriert. Noch immer werden die Opfer durch die | |
Polizei zunächst einmal selbst verdächtigt, die Taten provoziert und | |
verschuldet, wenn nicht sogar selbst begangen zu haben. Und noch immer | |
werden in vielen Kommunen nicht die Rechtsextremen, die sich dort | |
öffentlich ihren Raum nehmen, sondern die, die vor ihnen warnen, als Gefahr | |
angesehen. | |
Als „beschämend“ hatte Angela Merkel die europaweit einmalige Mordserie an | |
Kleingewerbetreibenden mit Migrationshintergrund bezeichnet, als diese im | |
vergangenen November durch Zufall aufgedeckt wurde, der Bundestag forderte | |
einstimmig Konsequenzen. Die Bundesregierung weiß auch, dass die jahrelang | |
unaufgeklärten Morde das Vertrauen vieler Migranten in die | |
Sicherheitsbehörden zerstört haben. | |
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, warf | |
den Sicherheitsbehörden deshalb jüngst sogar „institutionellen Rassismus“ | |
vor. Berichte über geschredderte Akten oder baden-württembergische | |
Polizisten, die mal bei einer örtlichen Sektion des Ku-Klux-Klans | |
mitmischten, sind auch nicht gerade dazu angetan, das Vertrauen in den | |
deutschen Staat zu festigen. Doch Konsequenzen hat das bislang wenig. | |
Innenminister Hans-Peter Friedrich glaubt, mit personellen Veränderungen | |
auf der Führungsebene seien bereits genug Lehren aus dem eklatanten | |
Staatsversagen gezogen. Dabei haben Experten wie Amnesty International oder | |
Barbara John, die Ombudsfrau der Opfer der rechten Terrorzelle, längst | |
Vorschläge gemacht, wie sich das Problem des Rassismus in der Gesellschaft | |
und den Sicherheitsbehörden gründlicher, nämlich durch eine Politik von | |
unten, angehen ließe. | |
Sie reichen von einer Beschwerdestelle für Fehlverhalten der Polizei, wie | |
es sie in anderen EU-Ländern gibt, bis hin zu gezielten Schulungen der | |
Beamten in Sachen Menschenrechte, Toleranz und interkultureller Kompetenz. | |
Auch die interkulturelle Öffnung der Behörden, die sich die Bundesregierung | |
bei ihrem letzten Integrationsgipfel groß auf die Fahnen geschrieben hat, | |
ist überfällig, doch sie lässt auf sich warten. | |
Erinnert sich noch jemand? Die bizarren Umstände, unter denen der | |
Asylbewerber Oury Jalloh 2005 in einer Polizeizelle in Dessau den Tod fand, | |
sind bis heute nicht aufgeklärt und haben also bis heute keine Konsequenzen | |
gehabt. Solange das so bleibt, muss man feststellen: Die deutsche Polizei | |
ist mehr Teil des Problems als Teil der Lösung. | |
14 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] /Bericht-der-Amadeu-Antonio-Stiftung/!99567/ | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rassismus | |
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