Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Koalitionsdebatte über EZB-Reform: Gewichtiges Stimmengewirr
> Weil die Europäische Zentralbank weitere Anleihen kaufen will, streitet
> die schwarz-gelbe Regierung über Änderungen beim Geldhaus. Es geht um die
> Einflussnahme der EU-Staaten.
Bild: Die Großbaustelle des zukünftigen EZB-Gebäudes in Frankfurt am Main.
BERLIN rtr | Die Ankündigung weiterer Anleihenkäufe durch die Europäische
Zentralbank hat in der schwarz-gelben Koalition eine breite Debatte über
eine Reform der EZB ausgelöst. Während vor allem Politiker aus CSU und FDP
eine neue Stimmengewichtung im EZB-Rat und ein Verbot der Anleihenaufkäufe
forderten, warnte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Michael
Meister vor einer „Phantomdiskussion“.
Auslöser ist die Ankündigung von EZB-Chef Mario Draghi, künftig zur
Stabilisierung der Euro-Zone notfalls unter Konditionen erneut
Staatsanleihen aufzukaufen. Die EZB hält bereits Anleihen im Wert von 211,5
Milliarden Euro. „Der Aufkauf von Staatspapieren durch die EZB auf dem
Sekundärmarkt muss die absolute Ausnahme bleiben“, kritisierte der
Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan
Müller.
„Öffentliche Haushalte im Euro-Raum indirekt zu finanzieren, ist mit dieser
Aufgabe ebenfalls nicht vereinbar“, sagte er. Verkehrs-Staatssekretär Jan
Mücke (FDP) forderte sogar ein Verbot: „Daher ist es zwingend notwendig,
der EZB die Grundlage für weitere Anleihenkäufe zu entziehen, ohne ihre
Unabhängigkeit anzutasten“, sagte er Onlineausgabe des Handelsblatts.
Reformen fordern Müller sowie FDP-Fraktionsvize Volker Wissing auch bei der
Stimmengewichtung im EZB-Rat. Sie bemängeln eine Dominanz der kleinen
EU-Länder. „Wir sollten darüber nachdenken, ob die derzeitige
Stimmgewichtung im Rat der EZB noch zeitgemäß ist“, sagte Müller.
Finanzexperte Wissing sagte: „Auf Dauer können die Stimmgewichte so nicht
bleiben. Sie müssen dem Haftungsrisiko eines jeden Landes angepasst
werden.“
## Jeder Staat hat eine Stimme
Dies fordern auch die Kritiker der Euro-Hilfspakete, Klaus-Peter Willsch
(CDU) und Frank Schäffler (FDP). Der CSU-Politiker Hans Michelbach sprach
sich für eine Sperrminorität aus, die sich nach den Haftungsanteilen der
Euro-Länder errechnet.
Im EZB-Rat hat jedes der 17 Euro-Staaten ungeachtet seiner Größe eine
Stimme. Eine Reform des Stimmengewichts könnte nur einstimmig beschlossen
werden und dürfte angesichts des Widerstands kleiner Euro-Staaten kaum
durchsetzbar sein. Auch deshalb warnte Unions-Fraktionsvize Meister vor
einer neuen Debatte. „Es stellt sich zurzeit nicht die Frage nach einer
Änderung des EZB-Status. Daher ist dies zum jetzigen Zeitpunkt eine
Phantomdiskussion“, sagte er.
Meister erinnerte zudem daran, dass die EZB auf deutschen Wunsch als
Einrichtung installiert wurde, die von politischer Einflussnahme unabhängig
und allein dem Ziel Preiswertstabilität verpflichtet ist. „Wir sehen keinen
Grund dafür, daran zu rütteln“, betonte der CDU-Finanzpolitiker.
Mit solchen Debatten werde nur von Problemen und Notwendigkeiten wie der
Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen in einigen Euro-Ländern
abgelenkt. „Es bringt wenig, in der aktuellen Situation zur
Euro-Stabilisierung ein weiteres Schlachtfeld aufzumachen.“
16 Aug 2012
## ARTIKEL ZUM THEMA
Debatte Öffentliches Vermögen: Nichts ist gut in Deutschland
Das Bündnis „Umfairteilen“ will die Superreichen in die soziale
Verantwortung zurückholen. Wichtige Unterstützer halten sich aber bedeckt.
Ankauf von Staatsanleihen: Auf der Suche nach dem Zinsziel
Die Europäische Zentralbank will durch Aufkäufe die Zinsen für Italien und
Spanien niedrig halten. Fragt sich nur, wann und wie sie tatsächlich
eingreifen wird.
Kommentar Europäische Zentralbank: Bundesbank endlich machtlos
Für EZB-Direktor Asmussen ist vollkommen klar, dass die EZB Staatsanleihen
kaufen wird. Mit dieser Erkenntnis ist er spät dran, aber früher als der
Bundesbank-Chef.
SPD kritisiert „Schuldenunion“: Eine Billion Euro Risiko
Die SPD spricht von einer „völlig intransparenten Weise“ der
Entscheidungsfindung. Deutschland hafte in Eurokrise bereits jetzt mit rund
einer Billion Euro. Auch Merkel kriegt ihr Fett weg.
Zahlungsausfall abgewendet: Kreative Kapitalbeschaffung in Athen
Hilfskredite bleiben vorerst aus, aber Griechenland braucht dringend Geld.
Mit einer kurzfristigen Geldmarktauktion hat sich der Staat Kapital
geliehen – von seinen eigenen Banken.
Fragen und Antworten zu Anleihekäufen: Keine Angst vor hoher Inflation
Die jüngste Entscheidung der Europäischen Zentralbank, erneut
Staatsanleihen zu kaufen, könnte den Wert des Euros verringern. Es gibt
noch andere Auswirkungen.
Kommentar Eurorettung: Was ist „alles“?
EZB-Chef Draghi erklärt, wie der Euro geschützt werden soll. Es wird noch
ein paar Wochen dauern, bis die Details stehen. Wichtig ist, dass überhaupt
ein durchdachter Plan existiert.
Krisenmanagement in Europa: Super-Mario rettet den Euro
Die EZB ist grundsätzlich zum Erwerb weiterer Staatsanleihen bereit.
Gleichzeitig spricht sich EZB-Chef Draghi gegen eine Banklizenz für den
Rettungsfonds ESM aus.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.