# taz.de -- Mehreinnahmen trotz Krise: Milliarden für deutschen Staat | |
> Nach den erwarteten Mehreinnahmen für den Juli zeigt das ganze letzte | |
> Quartal satte Mehreinnahmen für Bund und Länder. Ob das übers Jahr | |
> reicht, ist noch unklar. | |
Bild: Voller Geldbeutel? – Zumindest im ersten Halbjahr 2012 sieht es gut fü… | |
BERLIN rtr | Inmitten der europäischen Schuldenkrise hat der deutsche Staat | |
einen Milliarden-Überschuss erzielt. Bund, Länder, Kommunen und | |
Sozialversicherung nahmen im ersten Halbjahr wegen der guten Konjunktur 8,3 | |
Milliarden Euro mehr ein als sie ausgaben. | |
Das Plus entspricht 0,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, teilte das | |
Statistische Bundesamt am Donnerstag mit. 2011 gab es noch ein | |
Staatsdefizit von 1,0 Prozent. Das Bundesfinanzministerium sagt für 2012 | |
bislang ein Staatsdefizit von rund 0,5 Prozent voraus. Einen Überschuss im | |
Gesamtjahr gab es zuletzt 2007. | |
Ausschlaggebend für die positive Entwicklung war der Gewinn der | |
Sozialversicherung von 11,6 Milliarden Euro, der vor allem der | |
Rekordbeschäftigung zu verdanken ist. Der Bund erzielte trotz steigender | |
Steuereinnahmen und sinkender Zinskosten ein Defizit von 6,9 Milliarden | |
Euro, die Länder von 0,8 Milliarden Euro. Die Gemeinden kamen auf einen | |
Überschuss von 4,4 Milliarden Euro. | |
## Eigentlich enttäuschend | |
Ökonomen halten es für möglich, dass der Staat im Gesamtjahr ohne neue | |
Schulden auskommen kann. „Wenn nicht alles zusammenkracht, könnte es in | |
diesem Jahr zu einem ausgeglichenen Haushalt oder sogar einem Überschuss | |
reichen“, sagte UniCredit-Experte Alexander Koch. | |
„Das ist aber weniger einer konsequenten Konsolidierungspolitik als der | |
Konjunkturdividende zuzuschreiben, allen voran der guten | |
Arbeitsmarktentwicklung“, sagte DekaBank-Experte Andreas Scheuerle. | |
"Letztlich ist es aber enttäuschend, dass nach Jahren mit Wachstumsraten | |
zwischen drei und vier Prozent erst jetzt ein positiver Saldo erreicht | |
wird." | |
Die Staatseinnahmen erhöhten sich um 2,9 Prozent. „Allerdings war dieser | |
Anstieg deutlich geringer als noch vor einem Jahr“, schrieben die | |
Statistiker. Damals gab es noch ein Plus von 7,3 Prozent. Besonders | |
deutlich wird die schwächere Entwicklung bei den Steuern, der wichtigsten | |
Einnahmequelle des Staates: Hier gab es ein Plus von 3,8 Prozent auf knapp | |
309 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2011 hatte es allerdings wegen der | |
starken Konjunktur noch ein Plus von 9,6 Prozent gegeben. | |
Die Ausgaben legten um 0,8 Prozent auf knapp 580 Milliarden Euro zu. | |
Während der Staat mehr Geld für Soziales und für seine Mitarbeiter ausgab, | |
investierte er weniger. Er fuhr auch seine Subventionen zurück, weil durch | |
den Rückgang der Kurzarbeit die Erstattungen von | |
Sozialversicherungsbeiträgen an Unternehmen deutlich sanken. Die Zinskosten | |
fielen um 3,5 Prozent, weil sich vor allem der Bund so günstig wie noch nie | |
Geld am Kapitalmarkt leihen kann. | |
Die Bundesbank hat erst in dieser Woche vor Selbstzufriedenheit gewarnt. | |
„Das Vertrauen in die deutschen Staatsfinanzen bildet einen wichtigen | |
Stabilisierungsfaktor in der gegenwärtigen Krise, es ist aber nicht | |
unerschütterlich“, mahnt sie in ihrem Monatsbericht. Trotz günstiger | |
Rahmenbedingungen seien die Haushalte vieler Länder und Kommunen „teilweise | |
stark“ defizitär. „Dies wird von hohen, jedoch nur temporären Überschüs… | |
der Sozialversicherungen partiell überdeckt.“ | |
Schon wegen der absehbaren demographiebedingten Haushaltsbelastungen sei es | |
notwendig, „günstige Konsolidierungsbedingungen konsequent zu nutzen und | |
den noch notwendigen Defizitabbau nicht zu verschieben“. | |
23 Aug 2012 | |
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