# taz.de -- Bürgerkrieg in Syrien: Türkei und USA beraten Einsatz | |
> Die Außenminister der USA und der Türkei besprechen den Fall einer | |
> Intervention in Syrien. Das Rote Kreuz fordert Kampfpausen, um die | |
> Bevölkerung zu unterstützen. | |
Bild: Rauch über Aleppo. Die Kämpfe dauern an. | |
ISTANBUL/DAMASKUS afp/dpa | Die Türkei und die USA haben die Arbeit an | |
gemeinsamen Notfallplänen mit Blick auf eine mögliche Intervention in | |
Syrien aufgenommen. Währenddessen sind nach Angaben der syrischen Rebellen | |
allein am Donnerstag 55 Menschen im Konflikt gestorben. Auch im Libanon | |
gibt es Kämpfe. Den Forderungen nach Kampfpausen zur Versorgung der | |
Bevölkerung hat sich inzwischen auch das Rote Kreuz angeschlossen. | |
Diplomaten, Militärs und Geheimdienstler der Türkei und der USA kamen am | |
Donnerstag in Ankara zum ersten Treffen dieser Art zusammen, wie aus dem | |
türkischen Außenamt verlautete. Die Außenminister beider Länder, Ahmet | |
Davutoglu und Hillary Clinton, hatten vor zehn Tagen in Istanbul den Beginn | |
einer detaillierten „Operationsplanung“ für Syrien angekündigt. | |
Ankara und Washington wollen damit einen Machtwechsel beschleunigen und | |
Vorkehrungen für die Zeit nach einem Sturz der Regierung von Präsident | |
Baschar al-Assad treffen. Bei dem Treffen in Ankara am Donnerstag ging es | |
unter anderem um mögliche Reaktionen für den Fall, dass das syrische Regime | |
die Chemiewaffen des Landes aus den Depots holt oder gar gegen die | |
Opposition einsetzt. Die USA hatten dies als „rote Linie“ bezeichnet, deren | |
Überschreiten eine militärische Intervention auslösen könnte. Washington | |
ist besorgt, dass Chemiewaffen radikalen Islamisten in die Hände fallen | |
könnten. | |
Nach Presseberichten wollen die USA zusammen mit der Türkei auch Übergriffe | |
der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit gegen Alewiten, Christen oder Juden | |
in Syrien verhindern. Für die Türkei geht es in den Gesprächen unter | |
anderem um die mögliche Einrichtung einer Schutzzone für Flüchtlinge auf | |
syrischem Gebiet, falls sich der Zustrom von Menschen aus dem Nachbarland | |
in die Türkei weiter verstärkt. Derzeit halten sich rund 70.000 Syrer in | |
türkischen Auffanglagern auf; die Türkei hat angedeutet, dass sie nicht | |
mehr als 100.000 Menschen versorgen kann. | |
Daneben will Ankara mit Washington auch über die Präsenz der verbotenen | |
Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Norden Syriens sprechen. Die Türkei | |
befürchtet, dass die Kurdenrebellen das Gebiet als Ausgangspunkt für | |
Terrorakte auf türkischem Boden nutzen könnten. Die Regierung in Ankara hat | |
Syrien vorgeworfen, der PKK einige Gegenden in Nordsyrien regelrecht | |
überlassen zu haben. Die Türkei behält sich Militärschläge gegen die | |
Kurdenrebellen im Nachbarland vor. | |
## Kämpfe in Damaskus und Aleppo | |
Die Kämpfe zwischen der syrischen Armee und den Revolutionsbrigaden haben | |
sich am Donnerstag auf die Großstädte Damaskus und Aleppo konzentriert. Bis | |
zum Mittag zählten die Regimegegner 55 Tote, darunter zehn Männer, deren | |
Leichen im Damaszener Stadtviertel Kafr Susa gefunden wurden. Die Männer | |
seien nicht im Kampf gefallen, sondern in Gefangenschaft getötet worden, | |
hieß es. | |
Die Gegner von Präsident Baschar al-Assad veröffentlichten zudem ein Video | |
aus der Provinz Idlib. Es zeigt ihren Angaben zufolge mehrere Soldaten, die | |
wie Assad der Minderheit der alawitischen Muslime angehören. Sie sollen von | |
den Aufständischen an einer Straßensperre nahe der Ortschaft Kafr Nabl | |
überwältigt worden sein. | |
Zum ersten Mal seit Beginn des Konflikts ist ein Kampfjet in den irakischen | |
Luftraum eingedrungen. Aus Militärkreisen in der westlichen Anbar-Provinz | |
hieß es am Donnerstag, das Flugzeug der syrischen Luftwaffe habe sich nahe | |
dem geschlossenen Grenzübergang Al-Kaim vier Minuten lang über irakischem | |
Territorium aufgehalten. Der Pilot habe vermutlich Kämpfer der Freien | |
Syrischen Armee (FSA) in dem syrischen Grenzort Al-Bukamal im Visier | |
gehabt. Die irakischen Sicherheitskräfte hatten den Grenzübergang Al-Kaim | |
am Vortag mit Betonsperren blockiert. Diese Maßnahme war mit der Präsenz | |
der FSA auf der syrischen Seite der Grenze begründet worden. | |
Auch in der libanesischen Stadt Tripoli setzen die verfeindeten Clans ihre | |
Kämpfe fort. Der seit Jahren schwelende Konflikt zwischen den in | |
benachbarten Vierteln lebenden Sunniten und Alawiten hatte zuletzt durch | |
den Bürgerkrieg im benachbarten Syrien neue Nahrung erhalten. Die Sunniten | |
sympathisieren mit den syrischen Revolutionären. Die Alawiten unterstützen | |
den alawitischen Präsidenten Baschar al-Assad. | |
Die staatliche Nachrichtenagentur NNA meldete am Donnerstag, zwei Granaten | |
hätten am Morgen einen Markt getroffen. Am Mittwoch waren in dem Viertel | |
zwei Menschen ums Leben gekommen. Keine offizielle Bestätigung gab es | |
zunächst für Berichte, wonach vier Zivilisten aus dem libanesischen Dorf | |
Arsal ums Leben gekommen sein sollen, als die syrische Luftwaffe Ziele an | |
der Grenze bombardierte. | |
## Rotes Kreuz appelliert | |
Das Rote Kreuz unterstützt Forderungen nach Kampfpausen zur Versorgung der | |
notleidenden Bevölkerung in Syrien. Die bewaffneten Auseinandersetzungen | |
zwischen Regierungstruppen und der Opposition hätten sich derart | |
intensiviert, dass in vielen Teilen des Landes Hilfe nicht mehr oder nur | |
noch sehr eingeschränkt geleistet werden könne, sagte ein Sprecher des | |
Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) am Donnerstag der | |
Nachrichtenagentur dpa. | |
„Seit nahezu vier Wochen sind unsere Teams nicht mehr in der Lage, | |
bestimmte Gebiete zu erreichen, darunter in Aleppo, Homs und anderen | |
Gegenden“, sagte IKRK-Sprecher Hicham Hassan in Genf. Der Syrische Rote | |
Halbmond, dessen freiwillige Helfer vom IKRK ausgestattet werden, habe | |
seine Operationen in vielen Teilen des Landes einstellen oder stark | |
einschränken müssen. Dennoch versuchten Freiwillige immer wieder, | |
Notleidende zu erreichen und zu versorgen. | |
Die Zahl der bei Kämpfen getöteten oder verletzten Menschen steige täglich. | |
Zudem würden immer mehr Zivilisten in die Flucht getrieben. "Humanitäre | |
Hilfe muss die Menschen so schnell wie irgend möglich erreichen", sagte | |
Hassan. Kampfpausen, wie sie die UN und die EU fordern, seien dafür sehr | |
wichtig. "Die Notwendigkeit humanitärer Hilfe ist heute größer denn je." | |
Dabei gehe es inzwischen in erster Linie um medizinische Erste Hilfe für | |
Verletzte und Kranke. | |
Die für humanitäre Hilfe zuständige EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa | |
hatte Kampfpausen zur Versorgung der Notleidenden gefordert. Nach jüngsten | |
Angaben brauchen mindestens 2,5 Millionen Menschen in Syrien dringend | |
humanitäre Hilfe, mindestens 1,2 Millionen sind Vertriebene im eigenen | |
Land, Zehntausende sind in Nachbarländer geflohen. | |
23 Aug 2012 | |
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